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       # taz.de -- Israels Premier vor dem Staatsanwalt: Die dreifache Akte Netanjahu
       
       > Zigarren, Schmuck und Einflussnahme auf die Medien: Israels
       > (Noch-)Regierungschef muss sich ab Mittwoch vor dem Staatsanwalt
       > verantworten.
       
   IMG Bild: Beide stehen im Verdacht, korrupt zu sein: Sara und Benjamin Netanjahu
       
       Berlin taz | Gut zwei Wochen nach der Parlamentswahl in [1][Israel] muss
       sich [2][Benjamin Netanjahu] ab Mittwoch vor dem Generalstaatsanwalt
       erklären. Dem (Noch-)Regierungschef droht Anklage in drei
       Korruptionsfällen. Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit muss nach der
       Anhörung über eine Anklage entscheiden, was bis Ende des Jahres dauern
       kann.
       
       Sollte es Netanjahu vorher gelingen, die notwendige Mehrheit von 61 der 120
       Abgeordneten der Knesset für eine Regierungskoalition zu gewinnen und
       Regierungschef zu bleiben, wird er versuchen, eilig eine Gesetzesreform
       durchzusetzen, die dem Regierungschef Immunität verleiht. Damit könnte
       Netanjahu eine Anklage noch abwenden.
       
       Betrug, Untreue und Bestechlichkeit legt ihm Mandelblit zur Last. Anfang
       des Jahres bereits hatte die Polizei eine Anklage gegen den Regierungschef
       empfohlen. Eine Verschiebung der obligatorischen Anhörung, die die Anwälte
       Netanjahus angeblich aufgrund des umfangreichen Materials, das sie sichten
       müssten, beantragten, lehnte Mandelblit ab. Zuvor war bereits eine Anhörung
       wegen der Parlamentswahl im April verschoben worden.
       
       Netanjahu steht im Verdacht, Einfluss auf die Medienberichterstattung
       genommen zu haben. Zudem soll er Geschenke befreundeter Milliardäre
       angenommen haben. Die drei Fälle, in denen ihm eine Anklage droht, sind
       unter den Namen Akte 1000, Akte 2000 und Akte 4000 bekannt.
       
       ## Eine viertel Million Euro
       
       Die Akte 1000 enthüllt Gefälligkeiten Netanjahus gegenüber dem
       Geschäftsmann und Filmproduzenten Arnon Milchan. Netanjahu soll seine
       Beziehungen unter anderem dafür eingesetzt haben, Milchan eine Verlängerung
       seines US-Visums zu verschaffen, wofür der sich mit Zigarren, Schmuck und
       Champagner – oft nach expliziten Bestellungen von Sara Netanjahu, der
       Ehefrau des Ministerpräsidenten – bedankte. Insgesamt umgerechnet rund eine
       viertel Million Euro soll sich der Regierungschef über die Jahre von
       Milchan und einem weiteren Milliardär zustecken lassen haben.
       
       Die Akte 2000 dreht sich um den letztendlich missglückten Deal Netanjahus
       mit Arnon Moses, Herausgeber der Tageszeitung Jediot Achronot und eine der
       mächtigsten Figuren in Israels Medienlandschaft. Netanjahu versprach Moses,
       Einfluss auf seinen Freund, den US-amerikanischen Unternehmer Sheldon
       Adelson, zu nehmen, dem die marktführende, durch Anzeigen finanzierte
       Zeitung Israel Hajom gehört.
       
       Geplant gewesen sei, Adelson dazu zu bewegen, die Wochenendausgabe der
       Zeitung einzustellen und die Auflage zu reduzieren. Im Gegenzug für
       Netanjahus Gefälligkeit soll Moses einer weniger kämpferischen
       Berichterstattung über Netanjahu zugestimmt haben.
       
       ## Vorgänger Olmert trat vor der Anklage zurück
       
       Die Akte 4000 geht zurück auf die Zeit Netanjahus als
       Kommunikationsminister. Der Verdacht ist, dass er dem Telekomkonzern Bezeq
       rechtliche Vergünstigungen gewährte, um bei dem konzerneigenen
       Nachrichtenportal Walla – ähnlich wie bei der Akte 2000 – eine positive
       Berichterstattung über sich und seine Familie zu erreichen. Laut Mandelblit
       haben Benjamin und Sara Netanjahu „Hunderte Forderungen“ an das
       Nachrichtenportal gestellt.
       
       Auch wenn es zu einer Anklage kommt, könnte Netanjahu, sollte ihm eine
       Regierungsbildung gelingen, im Amt bleiben. Erst ein Schuldspruch würde ihn
       rechtlich zum Rücktritt zwingen. Die Frage aber ist, ob Netanjahu seine
       potenziellen Koalitionspartner bei der Stange halten kann. Sein Vorgänger
       Ehud Olmert, der später wegen Korruption verurteilt wurde, kündigte 2008
       seinen Rücktritt an, noch bevor es zu einer Anklage kam.
       
       1 Oct 2019
       
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