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       # taz.de -- Atomgespräche USA und Nordkorea: Ein klares Jein
       
       > Unterschiedlicher könnte die Bilanz der Atomverhandlungen kaum sein.
       > Washington spricht von einem guten Ergebnis, Pjöngjang von einem
       > Scheitern.
       
   IMG Bild: 6. Oktober, Stockholm: Der nordkoreanische Unterhändler Kim Myong Gil wirkt nicht sehr zufrieden
       
       Washington/Stockholm dpa/rtr | Nordkorea und die USA haben nach
       monatelanger Funkstille erstmals wieder über atomare Abrüstung in dem
       ostasiatischen Land verhandelt. Doch die beiden Parteien zogen eine höchst
       unterschiedliche Bilanz der gut acht Stunden langen Gespräche im
       schwedischen Stockholm: Der Unterhändler Pjöngjangs sprach von einem
       Scheitern, das Außenministerium von Washington hingegen von guten
       Gesprächen, die in zwei Wochen fortgesetzt werden sollten.
       
       Die USA und Nordkorea könnten nicht an einem Tag „70 Jahre Krieg und
       Feindseligkeit auf der koreanischen Halbinsel“ beseitigen, erklärte das
       US-Außenministerium am Samstag (Ortszeit). Um eine Lösung für die
       „gewichtigen Themen“ zu finden, bräuchten beide Seiten Entschlossenheit und
       Ausdauer. Die USA nähmen die schwedische Einladung an, in zwei Wochen
       erneut zu verhandeln.
       
       Der nordkoreanische Unterhändler Kim Myong Gil hingegen ließ vor
       Journalisten in Stockholm kein gutes Haar an der Gesprächsrunde. „Wir sind
       enttäuscht von den USA“, erklärte er nach Angaben der schwedischen Zeitung
       Dagens Nyheter. „Die Verhandlungen haben unsere Erwartungen nicht erfüllt
       und wurden deshalb abgebrochen“, sagte der Nordkoreaner dem Bericht
       zufolge. Nun liege es an Washington, den Dialog wieder aufzunehmen,
       forderte er. Dort erklärte das Ministerium lediglich, die Bemerkungen der
       Nordkoreaner deckten sich nicht „mit dem Inhalt und dem Geist der
       Gespräche“.
       
       Es waren die ersten Verhandlungen seit einem Gipfeltreffen zwischen
       US-Präsident [1][Donald Trump und Machthaber Kim Jong Un] im Februar in
       Vietnam, das an der Frage der atomaren Abrüstung gescheitert war. Trump und
       Kim hatten die neuen Verhandlungen auf Arbeitsebene Ende Juni bei einem
       Treffen an der innerkoreanischen Grenze vereinbart.
       
       Die USA und westliche Verbündete fordern eine Denuklearisierung der
       koreanischen Halbinsel und eine Einschränkung der Raketen- und
       Waffenprogramme des ostasiatischen Landes. Nordkorea hat grundsätzlich den
       Willen zur Abrüstung bekundet, besteht aber vor Zugeständnissen auf einer
       schrittweisen Aufhebung der Sanktionen.
       
       ## Grundlage für weitere Verhandlungen
       
       US-Außenminister Mike Pompeo hatte sich noch während der Gespräche am
       Samstag zuversichtlich gezeigt, dass dort erste Fortschritte erzielt werden
       könnten. Der Austausch solle die Grundlage für weitere Verhandlungen „in
       den kommenden Wochen und Monaten“ bilden, sagte Pompeo während eines
       Besuchs in Griechenland. Die USA hätten zu den Gesprächen in Stockholm eine
       Reihe von Ideen mitgebracht.
       
       Das international isolierte Nordkorea verfügt Experten zufolge über erste
       Atomwaffen und treibt die Entwicklung ballistischer Raketen weiter voran.
       Diese können mit Atomsprengköpfen ausgerüstet werden.
       
       US-Präsident Trump ist mit den inzwischen drei persönlichen Treffen mit Kim
       ein Risiko eingegangen: Führt ihn der junge Machthaber an der Nase herum,
       um Zeit zu gewinnen? Oder könnte die Befriedung der koreanischen Halbinsel
       Trump sogar den Friedensnobelpreis einbringen, wie der Präsident bisweilen
       zu hoffen scheint?
       
       Trumps Verhandlungsstrategie hat viele Kritiker, die argumentieren, Kim
       wolle nur genügend Zeit gewinnen, um sein Atomwaffenarsenal so zu
       verbessern, um militärisch nicht mehr verwundbar zu sein. Der kürzlich von
       Trump entlassene nationale Sicherheitsberater John Bolton etwa erklärte
       jüngst, Nordkorea werde trotz Gipfeltreffen und Gesprächen sein
       Atomwaffenprogramm „nie freiwillig aufgeben“. Nordkorea sei eine
       „gravierende und wachsende Bedrohung“, so Bolton.
       
       ## „Erwarten Sie mehr Raketen-Tests“
       
       Dem renommierten Nordkorea-Experten Ankit Panda zufolge deutete der
       schnelle Abbruch der Verhandlungen in Schweden darauf hin, dass Nordkorea
       vergeblich Zugeständnisse der USA bei der Aufhebung von Sanktionen erwartet
       habe. Damit stünden die Zeichen wieder auf Eskalation, warnte er auf
       Twitter. „Erwarten Sie mehr Raketen-Tests.“
       
       Nordkorea hatte zuletzt mehrere [2][Kurz- und Mittelstreckenraketen
       getestet]. Erst am Mittwoch testete das Land nach eigenen Angaben eine
       neuartige ballistische Rakete vom Typ Pukguksong-3, die von einem U-Boot
       abgefeuert worden sein soll. Das wäre ein bedeutender Fortschritt für
       Nordkoreas Waffenprogramm. Das US-Militär bestritt indes, dass die Rakete
       von einem U-Boot abgefeuert wurde.
       
       Am Sonntag bekräftigten Nordkorea und China, der einzige wichtige
       Verbündete des weitgehend isolierten Landes, sie wollten ihre engen
       Beziehungen aufrechterhalten. Der chinesische Präsident Xi Jinping erklärte
       der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge, beide Seiten hätten in
       einer Reihe wichtiger Fragen einen Konsens erreicht, was die Beziehungen
       beider Staaten in eine neue historische Ära führe. Nordkoreas Machthaber
       Kim antwortete darauf, beide Staatenlenker würden den Frieden und die
       Stabilität auf der koreanischen Halbinsel und in der Welt konsequent
       schützen.
       
       6 Oct 2019
       
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