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       # taz.de -- Vor türkischer Offensive in Kurdenregion: US-Truppen verlassen Nordsyrien
       
       > Die Türkei sieht in den kurdischen YPG-Truppen eine Bedrohung, für die
       > USA kämpften sie gegen den IS. Jetzt steht ein Einmarsch in Nordsyrien
       > bevor.
       
   IMG Bild: US-amerikanisch-türkische Militärpatrouille am 4. September 2019 an der syrisch-türkischen Grenze
       
       Washington afp/dpa | Angesichts einer offenbar unmittelbar bevorstehenden
       türkischen Militäroffensive haben die US-Streitkräfte nach Angaben von
       Aktivisten mit dem Abzug ihrer Truppen von der syrisch-türkischen Grenze
       begonnen.
       
       Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Montag, die Offensive
       auf die von den Kurden in Nordsyrien kontrollierte Region könne jederzeit
       beginnen. Die USA kündigten an, sich in keiner Form an dem Einsatz zu
       beteiligen. Die US-Armee werde [1][die geplante türkische Offensive in der
       von einer Kurdenmiliz kontrollierten Region] auch nicht unterstützen.
       
       Am Montagmorgen verließen die US-Truppen bereits ihre Schlüsselstellungen
       in Ras al-Ain und Tal Abjad, wie die Syrische Beobachtungsstelle für
       Menschenrechte und das von den Kurden geführte Bündnis Syrische
       Demokratische Kräfte (SDF) mitteilten. Wenige Stunden zuvor hatte das Weiße
       Haus den Abzug der US-Soldaten angekündigt.
       
       Erdoğan hatte in den vergangenen Tagen wiederholt mit einer baldigen
       Offensive gegen die kurdische YPG-Miliz im Norden Syriens östlich des
       Euphrat gedroht. Die Türkei betrachtet die kurdischen
       Volksverteidigungseinheiten (YPG) als Bedrohung, da sie eng mit den
       kurdischen PKK-Rebellen in der Türkei verbunden sind. Die USA unterstützen
       sie dagegen mit Waffen und Spezialkräften im Kampf gegen Dschihadisten. Die
       Türkei ist seit 2016 bereits zweimal gegen die YPG-Miliz in Nordsyrien
       vorgegangen. Die USA und die Türkei [2][hatten seit August versucht, eine
       Sicherheitszone im Norden des Bürgerkriegslandes einzurichten].
       
       ## Erdoğan will Luft- und Bodenoffensive, EU warnt
       
       Erdogan hatte am Samstag vor Parteimitgliedern angekündigt, dass die Türkei
       mit Bodentruppen und auch aus der Luft eine Offensive im benachbarten
       nordsyrischen Gebiet vorbereitet hätten. Der Einmarsch werde binnen Tagen
       erfolgen. Von einem möglichen Einmarsch hatte die Türkei bereits seit Ende
       2018 wiederholt gesprochen. Am Sonntag berichtete die Nachrichtenagenturen
       DHA und Anadolu von Truppen- und Waffenverlegungen an die türkisch-syrische
       Grenze.
       
       Die EU hat die Türkei inzwischen aber scharf vor den Folgen einer
       Militäroffensive im Norden Syriens gewarnt. Bewaffnete Auseinandersetzungen
       im Norden des Landes würden „nicht nur das Leiden von Zivilisten verstärken
       und zu massiven Vertreibungen führen“, sondern bedrohten auch laufende
       politische Bemühungen für eine Beilegung des Syrien-Konflikts, sagte eine
       EU-Sprecherin am Montag in Brüssel. Sie kündigte an, dass sich die
       EU-Außenminister bei ihrem Treffen am kommenden Montag mit Syrien befassen
       würden.
       
       Die Europäische Union erkenne zwar die „berechtigten Sicherheitsbedenken“
       der Türkei an, bleibe aber „der Einheit, Souveränität und territorialen
       Integrität des syrischen Staates verpflichtet“, sagte die Sprecherin der
       EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. „Jegliche nachhaltige Lösung“ für
       den Syrien-Konflikt könne es aus Sicht der EU nicht durch militärische
       Mittel erreicht werden, sondern nur durch einen „echten politischen
       Übergang“.
       
       Die EU fordere die Türkei weiter auf, „ein Ende der Feindseligkeiten
       sicherzustellen“ in Syrien und „den Schutz von Zivilisten zu garantieren“,
       sagte die Sprecherin weiter. Für die EU sind demnach auch nicht die
       Voraussetzungen für den Plan Erdogans gegeben, nach der Offensive in einer
       „Sicherheitszone“ im Norden des Bürgerkriegslandes zurzeit noch in der
       Türkei lebende Syrien-Flüchtlinge anzusiedeln. „Das kann nur erfolgen, wenn
       die Bedingungen für eine freiwillige und würdevolle Rückkehr gegeben sind.“
       
       7 Oct 2019
       
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