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       # taz.de -- Pressefreiheit im Irak: Blogger in Bagdad verschleppt
       
       > Maskierte Männer in Uniform drangen in die Wohnung von Schodscha
       > al-Khafadschi ein. Mittlerweile ist der Blogger mit Millionenpublikum
       > wieder frei.
       
   IMG Bild: Die Regierung äußert sich nicht zu dem Verdacht, dass der Blogger durch ihre Leute entführt wurde
       
       Am Donnerstag haben bewaffnete und maskierte Männer in Uniformen
       frühmorgens den Blogger Schodscha al-Khafadschi aus seinem Haus in Bagdad
       verschleppt. Die Männer drangen in die Wohnung des 29-Jährigen ein und
       nahmen auch Handys, Computer und Kameras mit. Sie hätten sich weder
       identifiziert noch einen Haftbefehl präsentiert, wie ein Verwandter
       al-Khafadschis der Nachrichtenagentur AFP am Freitag mitteilte.
       
       Im Laufe des Freitags kam der Blogger dann laut der Newsseite BaghdadToday
       wieder frei. Al-Khafadschi wurde laut Reporter ohne Grenzen zuletzt
       zusammen mit weiteren irakischen Journalisten [1][in den sozialen Medien
       bedroht].
       
       Al-Khafadschi ist im Irak ein einflussreicher aktivistischer Blogger. 2013
       gründet er die Facebookseite „Al-khuwa al-nadhifa“ (etwa „Saubere
       Brüderlichkeit“). Was als geschlossene Gruppe begann, die lustige Videos
       und Fotos teilte, versorgt mittlerweile 2,5 Millionen User mit politischen
       Informationen und Kommentaren. Als die Zahl der Leser stieg, habe er
       entschieden, die Seite öffentlich zu machen und sein Land ein Stück zum
       Guten zu verändern, sagte Al-Khafadschi im November 2017 der Zeitung Al
       Bayan aus Dubai.
       
       Die Gruppe richtet sich laut ihrem Pressesprecher Noor Aldin Hussein Ali
       gegen Sektierertum, Korruption, Stromausfälle und die hohe Arbeitslosigkeit
       und tritt für Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit ein. In dem Interview
       mit Al Bayan spricht al-Khafadschi auch von „Ressourcen in der Regierung
       und in verschiedenen Ministerien“. Durch diese Kontakte gelingt es der
       Gruppe offenbar, exklusive Nachrichten zu erhalten.
       
       ## Sicherheit für Journalisten versprochen
       
       Heute wird „Al-khuwa al-nadhifa“ von zwanzig Ehrenamtlichen betrieben. Die
       neuesten Beiträge enthalten Bilder über Aktivisten, die im Irak auf
       ungeklärte Weise verschwunden sind. Andere berichten über einen
       Demonstranten, der von Sicherheitskräften geschlagen wurde. Kürzlich
       meldete die Seite, dass umgerechnet fast 3.000 Euro gesammelt wurden, um
       die Operationskosten für einen Mann zu bezahlen, der mit
       Nierenfunktionsstörung in ein Krankenhaus eingewiesen worden war.
       
       Nach den jüngsten Massenprotesten gegen seine Regierung hat der irakische
       Ministerpräsident Adel Abd al-Mahdi eigentlich mehr [2][Sicherheit für
       Journalisten] und Aktivisten versprochen. Die Behörden äußern sich bisher
       nicht zu dem Vorfall oder zu dem Verdacht, den viele im Nachgang äußerten:
       dass die uniformierten Männer im Auftrag des Staates bei al-Khafadschi
       eingedrungen sind.
       
       20 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://rsf.org/en/news/dozens-iraqi-journalists-blacklisted-social-networks
   DIR [2] /Jahresbilanz-der-Pressefreiheit/!5559489
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heba Alkadri
       
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