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       # taz.de -- Pläne für „Mietendeckel“ in Berlin: Eingespartes Geld erst mal parken
       
       > 300.000 Haushalte in Berlin zahlen aus Sicht des Senats „Wuchermieten“.
       > Doch Absenkungen gibt es aufgrund angekündigter Klagen nur unter
       > Vorbehalt.
       
   IMG Bild: Neue Mietobergrenze ab 2020 geplant: Märkisches Viertel im Berliner Bezirk Reinickendorf
       
       BERLIN taz | Der Berliner Mietendeckel kommt: Am Dienstag will der Berliner
       Senat das Gesetz zum Mietendeckel auf den Weg bringen. Es soll am 1. Januar
       2020 in Kraft treten, aber rückwirkend ab dem 18. Juni 2019 wirken. Union,
       FDP und die Immobilienwirtschaft haben Klagen gegen den Mietendeckel
       angekündigt bis hin zum Verfassungsgericht. Das birgt Risiken für
       betroffene MieterInnen. Hierzu ein paar Fragen und Antworten.
       
       Neben dem Einfrieren der Mieten sind die Tabellen für Mietobergrenzen das
       Herzstück des Gesetzes. Wie hoch sind diese Grenzen ? 
       
       Die Grenzen beruhen auf einer Tabelle, die in Anlehnung an den Berliner
       Mietspiegel 2013 plus einem Inflationsaufschlag entwickelt wurde. Die
       Mietobergrenzen gelten als Höchstwerte bei Wiedervermietungen, es sei denn,
       die Vormiete lag darunter, dann gilt diese. Zusätzlich sind sie die
       Berechnungsgrundlage für Absenkungen in bestehenden Mietverhältnissen.
       
       Geeinigt hat sich die rot-rot-grüne Koalition auf eine Tabelle mit zwölf
       Oberwerten, unterteilt nach Baujahr und Ausstattung der Wohnungen. Die
       Werte reichen von 3,12 Euro pro Quadratmeter nettokalt in schlecht
       ausgestatteten Altbauten bis zu 9,80 Euro in Neubauten bis 2013. Später
       errichte Wohnungen sind ausgenommen. Im Falle der Grenzen für
       „Wuchermieten“ kommen noch Zu- oder Abschläge für einfache Wohnlagen (minus
       28 Cent/Quadratmeter), mittlere Lagen (minus 9 Cent/Quadratmeter) und
       gute Lagen (plus 74 Cent/Quadratmeter). In Bestandsmieten sind
       Überschreitungen der Maximalwerte von maximal 20 Prozent zulässig. Darüber
       liegende Mieten gelten als „Wuchermiete“ und können dann abgesenkt werden.
       
       Beispiel: Für eine bis 1918 errichtete Altbauwohnung mit Heizung und Bad in
       mittlerer Lage gilt eine Obergrenze von 6,36 Euro pro Quadratmeter. Mit dem
       tolerierten Aufschlag von 20 Prozent könnte die Miete für eine solche 70
       Quadratmeterwohnung dann als „Wuchermiete“ abgesenkt werden, wenn sie mehr
       als 534 Euro nettokalt beträgt. In Kreisen der Koalition hieß es, dass etwa
       300.000 Berliner Mieterhaushalte „Wuchermieten“ zahlen.
       
       Können MieterInnen, die bereits in einer Wohnung zur „Wuchermiete“ leben,
       dann einfach weniger Miete zahlen, sobald das Gesetz in Kraft tritt? 
       
       Die Regelung zur „Wuchermiete“ gilt erst neun Monate nach Inkrafttreten des
       Gesetzes, also ab Herbst 2020. Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner
       Mietervereins, geht davon aus, dass Mieter sich dann erst bei einer Behörde
       melden und dort einen Bescheid über ihre „Wuchermiete“ abholen können.
       Danach können sie die Miete senken. Wild rät aber dazu, die eingesparte
       Miete auf einem Konto zu parken. Falls die Gerichte und am Ende das
       Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel kippen, „müsste der
       Mieter den Differenzbetrag nachzahlen“, sagt Wild.
       
       Was passiert, wenn Mieter eine teure Wohnung neu anmieten, deren Miete über
       der Tabellenmiete liegt? 
       
       Bei Wiedervermietungen gelten die Tabellenwerte als Obergrenze, ohne den
       Aufschlag von 20 Prozent. Behördliche Bescheinigungen über überteuerte
       Mieten wird es hier nicht geben. Wild vom Mieterverein rät dazu, bei einer
       Neuanmietung erst mal die überteuerte Miete zu zahlen und erst dann gegen
       den Vermieter auf Rückzahlung zu klagen. „Eine Rechtsschutzversicherung ist
       hier wichtig“, sagt Wild.
       
       Falls der neue Mieter von sich aus einfach die Miete senken würde, ohne
       Klage, könnte der Vermieter wegen Mietrückständen kündigen und diese
       Kündigung würde wirksam, wenn die Gerichte dann gegen den Mietendeckel
       entscheiden und das Gesetz für unwirksam erklären. „Das wäre ein hohes
       Risiko“, sagt Wild. Er geht davon aus, dass die Vermieter erst mal von sich
       aus die Mieten nicht senken und auch die Angebotsmieten in den Inseraten
       hoch bleiben.
       
       Könnte der Mietendeckel Vorbild sein für andere Bundesländer und
       Stadtstaaten? 
       
       Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. In Bremen will man erst mal den
       Ausgang der Gerichtsverfahren gegen den Berliner Mietendeckel abwarten. In
       Bayern wurde ein Volksbegehren für einen Mietendeckel gestartet. Der
       Hamburger Bürgermeister lehnt den Deckel ab.
       
       21 Oct 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
   DIR Erik Peter
       
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