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       # taz.de -- Anreicherungsanlage Gronau: Uran-Müll geht wieder nach Russland
       
       > Urenco hat die umstrittenen Exporte von Uran-Hexafluorid wieder
       > aufgenommen. Das gilt offiziell als Wertstoff – obwohl nur ein Bruchteil
       > recycelt wird.
       
   IMG Bild: Geht jetzt wieder in großen Mengen nach Russland: Uranhexafluorid aus Gronau (Archivbild)
       
       BERLIN taz | Genau zehn Jahre ist es her, dass der Export von hochgiftigem
       Uran-Hexafluorid von der Urenco-Fabrik im westfälischen Gronau nach
       Russland [1][gestoppt wurde]. Damals war bekannt geworden, dass das
       abgereicherte Uran, das bei der Herstellung von Brennelementen anfällt, in
       russischen Atom-Kombinaten unter offenem Himmel in rostigen Behältern
       lagert. Nach öffentlichem Druck hatte Urenco diese Exporte damals gestoppt.
       
       Doch jetzt wurden sie wieder aufgenommen. Ohne dass die Öffentlichkeit
       darüber informiert wurde, hat das Unternehmen, an dem die deutschen
       Energieversorger Eon und RWE beteiligt sind, für die Jahre 2019 bis 2022
       den Export von 12.000 Tonnen abgereichertes Uran nach Russland vereinbart,
       erklärte das Bundesumweltministerium in einer Antwort auf eine Frage des
       Linken-Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel.
       
       Eine weitere Anfrage der Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, die der
       taz und dem ZDF-Magazin „Frontal 21“ vorliegt, zeigt zudem, dass von dieser
       Möglichkeit in den letzten Monaten bereits reichlich Gebrauch gemacht
       wurde: Zwischen Mai und September sind an sechs Terminen jeweils rund 600
       Tonnen Uran-Hexafluorid von Gronau per Zug in die „Ural Integrated
       Electrochemical Plant“ bei Jekatarinburg in Russland gefahren wurden –
       insgesamt knapp 3.600 Tonnen.
       
       Möglich ist der Export, weil das Uran-Hexafluorid offiziell nicht als
       Atommüll, sondern als Wertstoff deklariert wird. Doch selbst wenn es
       tatsächlich wieder angereichert wird, verbleiben am Ende des Prozesses
       mindestens 80 Prozent der gelieferten Menge als Atommüll in Russland. Für
       Zdebel, den Atomexperten der Linken, steht darum fest: „Bei dieser
       Neuauflage der Russland-Exporte geht es offenkundig darum, dass erhebliche
       Mengen Atommüll in Russland billig entsorgt werden.“
       
       ## Kritik am Umweltministerium
       
       Zuständig für die Transporte ist das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle und
       Wirtschaft, das generell dem Wirtschaftsministerium untersteht. In dieser
       Frage liege die Fachaufsicht aber beim Umweltministerium, sagt Zdebel und
       sieht es als „Skandal“, dass das Ministerium nichts tue, „um diesen
       Atommülltransport zu stoppen“. Eine Sprecherin des Umweltministeriums weist
       das zurück. Nach Atomrecht sei der Export nicht genehmigungs-, sondern nur
       anzeigepflichtig. „Wir haben darum keine rechtlichen
       Einwirkungsmöglichkeiten“, sagte sie der taz.
       
       Die [2][Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau], die auch die
       Brennelementefabrik im nahen Lingen beliefert, sorgt in der Großen
       Koalition schon länger für Streit. Die Forderung, die Werke in Gronau und
       Lingen zu schließen, hatte die SPD in den Koalitionsverhandlungen nicht
       durchsetzen können; stattdessen steht im Koalitionsvertrag nur, man werde
       prüfen, auf welchem Weg sich dieses Ziel rechtssicher erreichen lasse.
       
       Nach Ansicht von Silvia Kotting-Uhl, Vorsitzende des
       Bundestags-Umweltausschusses und Atomexpertin der Grünen, sollte die
       Bundesregierung nun endlich handeln. „Sie muss den Export-Vorstoß zum
       Anlass nehmen, Urenco endlich zu schließen“, sagte Kotting-Uhl der taz.
       Obwohl seit 2017 entsprechende Rechtsgutachten im Ministerium vorliegen,
       passiere nichts. „Unterdessen häuft Urenco Jahr für Jahr einen immer
       größeren Atommüllberg an, für den es keine Lösung gibt.“ Das Unternehmen
       selbst äußerte sich zunächst nicht zu den neuen Exporten, kündigte am
       Dienstag aber eine Stellungnahme an.
       
       Hinweis: In diesem Text hieß es zunächst, zwischen Mai und Oktober seien
       knapp 3.000 Tonnen Uran-Hexaflurorid nach Russland exportiert werden. Die
       korrekte Zahl lautet 3.600 Tonnen.
       
       22 Oct 2019
       
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   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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