URI: 
       # taz.de -- Druck auf russische JournalistInnen: Gefährliches Roulette
       
       > Russische JournalistInnen sind Repressionen ausgesetzt und müssen um ihr
       > Leben fürchten. Das belegt eine aktuelle Studie.
       
   IMG Bild: Vor 13 Jahren wurde die russische Journalistin Anna Politkowskaja ermordet
       
       Berlin taz | | Fast auf den Tag genau vor 13 Jahren wurde die russische
       regimekritische Journalistin Anna Politkowskaja vor ihrer Moskauer Wohnung
       [1][mit mehreren Schüssen] getötet. Die Drahtzieher der Tat wurden nie
       dingfest gemacht. Auch heutzutage kommt die Ausübung des
       Journalistenberufes im Reich von Wladimir Putin mehr denn je russischem
       Roulette gleich. Denn Repressionen gegen BerichterstatterInnen haben in den
       vergangenen Jahren stetig zugenommen.
       
       Zu diesem Ergebnis kommt [2][die Studie] „Angriffe auf Journalisten und
       Medienmacher in Russland“, die die Stiftung [3][Justice for Journalists
       Foundation] in dieser Woche vorgelegt hat. Die Stiftung mit Sitz in London
       wurde 2018 von dem zehn Jahre lang inhaftierten Ex-Oligarchen [4][Michail
       Chodorkowski] und seinem ehemaligen Geschäftspartner Leonid Newslin
       gegründet. Sie vergibt unter anderem Stipendien für investigative
       Recherchen und um Verbrechen gegen MedienmitarbeiterInnen aufklären zu
       helfen.
       
       Die Studie liegt in russischer und englischer Sprache vor. Im Zeitraum von
       2017 bis Ende September 2019 wurden Repressionen gegen JournalistInnen
       verschiedener Kategorien untersucht. So kamen 14 von ihnen zu Tode, wobei
       es sich in sechs Fällen eindeutig um Mord handelte.
       
       Großes Aufsehen, auch international, erregte im Sommer 2018 der Mord an
       drei russischen Journalisten in der Zentralafrikanischen Republik. Bis
       heute liegen die Hintergründe des Verbrechens im Dunkeln. Fakten, die
       unabhängige Journalisten zusammengetragen hatten, ignorierten die
       Ermittler. Kritischen Stimmen begegnet die Staatsmacht mit den immer
       gleichen Methoden: Festnahmen, Verhöre, Haft, zivil- und strafrechtliche
       Verfolgung sowie Razzien samt Beschlagnahme von Arbeitsgeräten.
       
       ## Dunkelziffer weit höher
       
       Die Zahl derartiger Vorfälle hat sich laut Studie innerhalb des
       Untersuchungszeitraums von knapp drei Jahren von 70 auf 160 verdoppelt, die
       von Festnahmen sogar verdreifacht. Letztere Maßnahme erscheint offenbar als
       besonders probates Mittel, um die Berichterstattung über Proteste wie in
       diesem Jahr in Zusammenhang mit dem Kommunalwahlen zu unterbinden.
       
       Auch bei Cyberattacken gegen JournalistInnen sind mit einer Steigerung von
       48 Prozent satte Zuwachsraten zu verzeichnen. So berichteten
       Journalistinnen, die im Mai 2019 über Proteste gegen den geplanten Bau
       einer Kirche In Ekaterinburg berichtet hatten, von Versuchen, ihren Account
       auf dem Telegramm-Messenger zu zerstören.
       
       Die Dunkelziffer in diesem Bereich dürfte weitaus höher liegen. Für viele
       Betroffene, so der Bericht, gehörten derartige „Störfeuer“ zu ihrem
       professionellen Tagesgeschäft und seien daher nicht mal mehr einer
       öffentlichen Erwähnung wert. Allein dieser Umstand sollte schon zu denken
       geben.
       
       10 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Mordfall-Anna-Politkowskaja/!5041783
   DIR [2] https://jfj.fund/wp-content/uploads/2019/10/FINAL-ENG-RUSSIA-REPORT-1.pdf
   DIR [3] https://jfj.fund/news/
   DIR [4] /Ermittlungen-gegen-Kreml-Kritiker/!5261136
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
       ## TAGS
       
   DIR Anna Politkowskaja
   DIR Russland
   DIR Wladimir Putin
   DIR Russische Opposition
   DIR Michail Chodorkowski
   DIR Anna Politkowskaja
   DIR Russland
   DIR Russland
   DIR Einiges Russland
   DIR Zensur
   DIR Russland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Anna-Politkowskaja-Preis: Kaiserschnitt im Handylicht
       
       „Reach all women in war“ ehrt die ukrainische Geburtshelferin Tetjana
       Sokolowa und die russische Aktivistin Swetlana Gannuschkina.
       
   DIR Journalist Ochotin über Russlands Medien: „Information schützt“
       
       Trotz institutionalisierter Repressionen wächst der Protest in Russland.
       Grigori Ochotin begleitet diesen journalistisch mit OVD-Info.
       
   DIR Russischer Youtuber: Kritischer Geschichtsunterricht
       
       Ganz ohne Kreml-Propaganda: Millionenreichweiten erzielt Jurij Dud mit
       Reportagen über Stalins Gulag, aber auch über jüngere russische Geschichte.
       
   DIR Regionalwahlen in Russland: Putins Partei hat abgewirtschaftet
       
       Das Ergebnis der Wahlen in Russland, vor allem in Moskau, ist mehr als nur
       ein Achtungserfolg für die Opposition. Die braucht jetzt eine Strategie.
       
   DIR Russlands Staatsfernsehen in der Krise: Propaganda ohne Publikum
       
       Der staatliche TV-Sender verliert Zuschauer, vor allem unter Jugendlichen.
       Putin will deshalb mehr Kontrolle über digitale Medien.
       
   DIR Russische Umweltaktivistin im Asyl: Ihr drohen bis zu zwei Jahre Haft
       
       Alexandra Korolewa lebt seit kurzem in Dresden in einer Erstaufnahmestelle
       für Geflüchtete. Wird sie von Ängsten gepackt, setzt sie sich aufs Fahrrad.