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       # taz.de -- Sanktionen bremsen Tourismusprojekt: Keine Ferien mehr in Nordkorea​
       
       > Nordkoreas Machthaber möchte das einzige innerkoreanische Tourismusresort
       > abreißen lassen. Ein Rückschlag​ für Südkoreas Präsidenten.
       
   IMG Bild: Staunen über das nordkoreanische Tourismusgebiet Diamantgebirge (Kumgang), 2011
       
       PEKING/KUMGANG taz | Wer die schroffen, von Kiefern durchsetzten Felsgipfel
       des Diamantgebirges erspäht, dem wird sofort klar, warum das Kim-Regime
       ausgerechnet diesen Landstrich an der Ostküste zur Sondertourismuszone
       erklärt hat: Naturbelassene Strände treffen hier auf eine ikonische
       Berglandschaft, deren Anblick sich als Sehnsuchtsort in die kollektive
       Mythologie der Koreaner eingebrannt hat.
       
       Nur einen Steinwurf südlich der Berge verläuft die entmilitarisierte Zone,
       welche die Halbinsel in Nord und Süd trennt. Selbst US-Präsident Donald
       Trump schwärmte im April vom Diamantgebirge in den höchsten Tönen.
       
       Im Zuge der sogenannten Sonnenscheinpolitik um die Jahrtausendwende haben
       die zwei Koreas hier ein beispielloses Projekt gewagt: ein
       innerkoreanisches Tourismusresort, errichtet vom Hyundai-Konzern, das
       Südkoreanern erstmals Ferien auf dem für sie sonst verbotenen Territorium
       erlaubt. Auf dem [1][Höhepunkt] besuchten fast eine Viertelmillion
       Südkoreaner jährlich das Diamantgebirge.
       
       Doch 2008 erschoss ein nordkoreanischer Soldat eine Touristin aus dem
       Süden, die abseits der erlaubten Wege wanderte. Seither stehen die Gebäude
       meist leer – nur für alle paar Jahre stattfindende
       [2][Familienzusammenführungen] wird das Gelände noch genutzt. Dann treffen
       südkoreanische Senioren auf nordkoreanische Verwandte, die sie seit dem
       Koreakrieg (1950–1953) nicht mehr sehen konnten.
       
       ## Kim will „schäbige“ Hotels abreißen lassen
       
       Jetzt hat Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un die stillgelegte Ferienanlage
       besucht und das Symbol der innerkoreanischen Annäherung überraschend zum
       Abriss freigegeben: Es sei ein „Fehler“ gewesen, dass dieser Landstrich von
       beiden Koreas beansprucht werde.
       
       „Das Diamantgebirge ist unser Land, errungen mit Blut und verbunden mit
       unserer Ehre und Souveränität“, sagte er laut staatlicher
       Nachrichtenagentur KCNA. Nordkorea dürfe keinesfalls von anderen Staaten
       abhängen. Die von Südkoreanern errichteten „schäbigen“ Hotels sollen
       abgerissen und durch moderne ersetzt werden.
       
       Diese Worte sind vor allem eine herbe Niederlage für Südkoreas Präsident
       Moon Jae In, der sich seit Amtsantritt 2017 dafür eingesetzt hat, den
       innerkoreanischen Tourismus wiederzubeleben. Doch wegen der harten
       Sanktionspolitik der USA, die das nordkoreanische Regime von Devisenquellen
       abschneidet, blieben ihm die Hände gebunden.
       
       Jetzt entspricht Kim Jong Uns jüngste Order dem Paradigmenwechsel, den der
       35-jährige Diktator seit einigen Wochen einleitet: Seine Wirtschaftspolitik
       betont immer stärker die Autarkie des abgeschotteten Landes. Es scheint,
       als setze Pjöngjang nicht mehr auf einen schnellen Deal bei den
       Atomverhandlungen mit Trump, was die Sanktionen lockern würde.
       
       Schon letzte Woche publizierten Nordkoreas Medien Fotos, die Kim auf einem
       Schimmel reitend entlang des 2.750 Meter hohen Bergs Paektu zeigten. Für
       westliche Augen wirkte die Propaganda skurril, doch Nordkoreaner decodieren
       dies so: Wann immer ihr Führer Koreas „heiligsten Berg“ erklimmt, steht
       eine wichtige Botschaft an. In diesem Fall appelliert Kim an den
       Patriotismus der eigenen Bevölkerung, sich auf entbehrungsreiche Zeiten
       einzustellen.
       
       ## Skurile Geisterstadt schon seit Jahren
       
       Die Hotelanlagen am Diamantgebirge, die Kim abreißen lassen will, gleichen
       schon seit Jahren einer Geisterstadt: An einem lauen Juliabend stehen die
       drei Dutzend Bungalows verlassen dar. An der Rezeption halten zwei
       Nordkoreaner in Hoteluniform Siesta. Im Restaurant bereiten Kellnerinnen
       ein Grillmenü vor.
       
       Die einzigen Touristen, eine 10-köpfige Gruppe aus Deutschland, werden bei
       der Ankunft darauf hingewiesen, dass Warmwasser und Strom mit Einbruch der
       Dunkelheit abgestellt werden. Sie werden jedoch schon bald entschädigt mit
       einem atemberaubenden Sternenhimmel, den keine „Lichtverschmutzung“ trübt.
       Im Innern der Häuser erkennen nur aufmerksame Beobachter, dass hier
       südkoreanische Firmen am Werk waren.
       
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       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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