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       # taz.de -- Tote in Großbritannien entdeckt: Grausiger Fund im Container
       
       > In einem Kühlcontainer liegen 39 Leichen. Der Lkw kam wohl aus Bulgarien
       > und wollte über Irland Grenzkontrollen umgehen.
       
   IMG Bild: Der Fundort bei London
       
       Dublin/ London taz | Auf dem Gelände eines Logistikunternehmens in einem
       Industriepark in Grays bei Essex am nordöstlichen Rand Londons wurden am
       Dienstagmorgen 39 Leichen im Kühlcontainer eines Lkws entdeckt. Laut
       Polizei handelt es sich um 38 Erwachsene und eine minderjährige Person.
       
       Nach Angaben der Polizei ist der Lkw aus Bulgarien gekommen und am 19.
       Oktober über den Hafen Holyhead in Wales in Großbritannien angekommen, von
       wo aus er weiter nach Grays fuhr. Das bedeutet, dass der Lkw über Irland
       gekommen sein muss – Holyhead ist der wichtigste Hafen für den
       Frachtverkehr aus Irland nach Großbritannien, zwei Fähren der Reederei
       Irish Ferries verkehren auf dieser Strecke je zweimal täglich.
       
       Die genaue Route des Lastwagens ist nicht bekannt. Es gibt mehrere
       Möglichkeiten: über Frankreich nach Dublin oder ins südostirische Rosslare,
       über Rotterdam oder Zeebrugge nach Dublin oder über Santander in Spanien
       ins südirische Cork. Über die Identität der Toten wurden bisher keine
       Angaben gemacht. Es ist auch nicht bekannt, ob diese in Bulgarien oder in
       irgendeinem anderen Land zugestiegen sind. Möglich wäre auch ein
       Menschenhandelsring zwischen der irischen Insel und Großbritannien.
       
       Dass sich Menschen in Lkws verstecken, um sich unerkannt nach
       Großbritannien zu schmuggeln, ist bekannt. Die kürzeste Route ist die vom
       französischen Calais nach Dover. Das wäre auch der direkte Weg in den
       Großraum London. Vor 19 Jahren wurden in einer Lkw-Ladung aus den
       Niederlanden in Dover 58 Tote und zwei Überlebende geborgen; sie stammten
       alle aus China.
       
       Doch die Kontrollen am Kanal haben sich verschärft. In Essex wurden auch
       schon Migrant*innen in Containern entdeckt, so zwölf Menschen im Jahr 2012,
       die aus Vietnam, Iran und dem Irak stammten, und 35 Menschen sowie ein
       Toter im Jahr 2014. Der Umweg über Irland und Wales könnte ein Versuch
       gewesen sein, die scharfen Kontrollen zu umgehen. Allerdings dauert die
       Reise zu lange, um sie zu überleben – vor allem in einem Kühlcontainer.
       Laut Polizei würde die Betriebstemperatur eines solchen Containers minus 25
       Grad Celsius betragen.
       
       ## Entsetzen in Großbritannien
       
       Der Fund wurde in Großbritannien mit Entsetzen aufgenommen.
       [1][Premierminister Boris Johnson] sagte zu Beginn seiner parlamentarischen
       Fragestunde, er sei „von der Nachricht dieser unvorstellbaren Tragödie
       schockiert“. Innenministerin Priti Patel betonte ihre Sympathie für die
       Opfer und deren Familien. Sie und Labour-Schatteninnenministerin Diane
       Abbott stimmten sogar darin überein, dass internationale Kooperation gegen
       [2][Menschenhandel] genauso wichtig sei wie die Schaffung legaler Wege der
       Einreise für Flüchtlinge nach Großbritannien.
       
       Ein 25-jähriger Lkw-Fahrer aus Nordirland wurde unter Mordverdacht
       festgenommen. Die britische Polizei hat eine grenzüberschreitende
       Mordermittlung eingeleitet.
       
       23 Oct 2019
       
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