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       # taz.de -- SPD Berlin stimmt über Verbeamtung ab: Von Beamten und Lehrermangel
       
       > Auf dem Landesparteitag will die SPD ihre Position zur Lehrerverbeamtung
       > finden. Unklar ist, ob das gegen Fachkräftemangel hilft
       
   IMG Bild: Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh redet von Demonstranten, die Verbeamtung fordern
       
       Berlin taz | Die Genossen streiten auf ihrem Parteitag am Samstag auch um
       eine Position in der Debatte um die Lehrerverbeamtung in Berlin. „Da wird
       definitiv viel Redebedarf sein, und ich denke, das Ergebnis der Abstimmung
       wird ganz eng“, sagt Juso-Vorsitzende Annika Klose, entschiedene Gegnerin
       der Verbeamtung, der taz. Auch SPD-Fraktionsvize Maja Lasić, inzwischen
       klar pro Verbeamtung, rechnet mit einem „knappen Ausgang“.
       
       Zur Abstimmung soll am Samstag ein gemeinsamer Antrag der Fraktion stehen:
       „Berlin hat gegenüber allen anderen Bundesländern einen Wettbewerbsnachteil
       wegen des Beharrens auf dem Angestelltenverhältnis“, heißt es darin.
       Deshalb: Rückkehr zur Verbeamtung.
       
       Auf dem letzten Parteitag im Frühjahr war man nach über drei Stunden
       hitziger Debatte nur mit einem entschiedenen „Schauen wir mal“ verblieben:
       Bis zum Herbst hatte sich die Fraktion aus der Finanzverwaltung eine
       „Entscheidungshilfe“ erbeten. Geklärt werden sollte die Frage, ob man die
       Gerechtigkeitslücke bei Nettogehalt und Altersbezügen auch einfach über
       eine Zulagenregelung für angestellte Lehrkräfte regeln könnte.
       
       Die Antwort aus der Finanzverwaltung: Nein, die „Idee eines
       Nettoausgleichs“ mache die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) nicht mit.
       Die Lehrergewerkschaft GEW hält dagegen: „Fakt ist, dass die TdL mit
       übertariflichen Zahlungen für IT-Kräfte jüngst wenig Probleme hatte“, sagt
       Tarifexperte Udo Mertens.
       
       ## Finanzverwaltung sagt: Es gibt keinen großen Kostenunterschied
       
       Nach einigen Dienstjahren verdient eine verbeamtete Lehrkraft, je nach
       Steuerklasse und Familienstand, bis zu 1.000 Euro netto mehr pro Monat als
       eine angestellte Kollegin. Um im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern –
       die alle verbeamten – besser dazustehen, zahlt Berlin seinen
       JunglehrerInnen bereits eine außertarifliche Zulage. Aber mehr, sagt
       Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), gehe nicht.
       
       Interessant ist die Einschätzung der Finanzverwaltung, dass die Verbeamtung
       langfristig keine Mehrbelastung fürs Land darstelle – insgesamt gebe es
       „keine gravierenden Kostenunterschiede“.
       
       Die Frage für die GenossInnen ist aber: Verschiebt man dauerhaft eine
       Gerechtigkeitsfrage, die sich in ein paar Jahren von selbst erledigt? Denn
       rund 13.000 BeamtInnen stehen bereits 20.000 angestellte LehrerInnen
       gegenüber. Kehrt man jetzt um, ist die Frage: Was macht man mit denen, die
       aufgrund ihres Alters oder wegen chronischer Krankheiten nicht verbeamtet
       werden können?
       
       Laut Finanzverwaltung wären rund 6.000 LehrerInnen zu alt für die
       Verbeamtung. Hinzu kommen Kranke, deren Anzahl sich aber schwer schätzen
       ließe, heißt es. Offen ist auch, was mit den QuereinsteigerInnen geschähe.
       Laut Lasić hat die Bildungsverwaltung in den letzten Jahren bereits 7.600
       QuereinsteigerInnen eingestellt – sie machen damit etwa ein Fünftel aller
       LehrerInnen aus.
       
       ## Mit „Bazooka auf Fliegen“
       
       Lasić will denen, die nicht verbeamtet werden können, vier
       „Ermäßigungsstunden“ pro Woche spendieren, sagte sie der taz. Das
       erforderte allerdings zusätzliches Personal – Entlastungsstunden für die
       Quereinsteigenden waren zuletzt genau daran gescheitert.
       
       Ohnehin ist unklar, ob die Wiederverbeamtung die Fachkräftekrise
       tatsächlich mildern kann: Im vergangenen Schuljahr gingen vermutlich rund
       550 LehrerInnen wegen Verbeamtung in ein anderes Bundesland – was aber nur
       eine „plausible Schätzung“ ist, weil die Bildungsverwaltung die
       Versetzungsgründe nicht erfragt. Und: Auch andere Länder haben trotz
       Verbeamtung Nachwuchsprobleme.
       
       Juso-Chefin Klose findet das Abwanderungsargument deshalb „wenig
       stichhaltig.“ Finanzsenator Kollatz drückt es drastischer aus: „Das ist,
       wie wenn man mit einer Bazooka auf Fliegen schießt.“
       
       25 Oct 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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