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       # taz.de -- Von der Leyen bei Frankreichs Präsident: Macron schmollt
       
       > Paris fürchtet um Frankreichs Einfluss in der EU. Nachdem Macrons
       > Kommissionskandidatin abgelehnt wurde, könnte deren Dossier kleiner
       > werden.
       
   IMG Bild: Besonders selbstkritisch zeigte sich Macron im Streit um den EU-Kommissionsvorsitz nicht
       
       Paris taz | Nach der Ablehnung der französischen Kandidatin für die
       EU-Kommission hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag die
       künftige EU-Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen im Elysée-Palast
       empfangen. Dabei ging es neben dem Brexit und dem Handelsstreit mit den USA
       darum, einen Ausweg aus der gegenwärtigen Krise bei der Zusammensetzung der
       zukünftigen Kommission zu finden.
       
       [1][Macrons Kandidatin Sylvie Goulard] waren unter anderem Ermittlungen in
       einer Finanzaffäre zum Verhängnis geworden – [2][nach einer zweiten
       Anhörung im EU-Parlament] hatten die Europa-Abgeordneten sich gegen sie
       entschieden. Für Macron war die Ablehnung eine persönliche Niederlage und
       eine Ohrfeige.
       
       Zudem muss er nach dem negativen Entscheid der EU-Abgeordneten befürchten,
       dass Frankreichs Führungsrolle und Einfluss in der EU gefährdet ist, weil
       das für Goulard maßgeschneiderte und erweiterte Amt einer Kommissarin für
       den Binnenmarkt plus Industrie plus Verteidigung stark zurecht gestutzt
       werden könnte. Macron beharrt darauf, dass es dabei bleibt. Der Umfang der
       Zuständigkeiten ist ihm wichtiger als die Person.
       
       In Wirklichkeit bemüht sich der samt seiner Kandidatin desavouierte
       französische Staatschef darum, den Schaden seines taktischen Fehlers (mit
       der Nominierung von Goulard) zu begrenzen. Noch ist unklar, wen der
       schmollende Macron jetzt als Ersatz ins Rennen schicken will. Den heutigen
       Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, die Verteidigungsministerin Florence
       Parly, die beide lieber in Paris bleiben möchten, oder den
       EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier?
       
       ## Von Selbstkritik war bei Macron nichts zu vernehmen
       
       Auch wenn er von der zukünftigen Kommissionspräsidentin keine
       Entschuldigung erwarten konnte, wollte Macron bei ihrem Besuch in Paris
       eine „Erklärung“ für das Verhalten der Fraktionen erreichen. In einer
       Pressekonferenz hatte Macron die Schuld für die Ablehnung Goulards von der
       Leyen zugeschoben.
       
       Immerhin verdankt von der Leyen ja ihre eigene Nominierung nicht zuletzt
       der Unterstützung durch den französischen Staatschef, der mit ihrer
       Kandidatur vor allem den CSU-Mann Manfred Weber blockieren wollte. Das
       hatten ihm beim Goulard-Hearing gewisse konservative EU-Abgeordnete
       zweifellos heimzahlen wollten.
       
       Von einer Selbstkritik bezüglich seiner Schachzüge rund um die Bildung der
       Kommission ist freilich bei Macron gegenwärtig nichts zu vernehmen. Er gibt
       sich offensiv und belehrend: Europa könne sich in diesem [3][besonders
       Besorgnis erregenden Zeitpunkt der Weltpolitik] „nicht den Luxus
       kleinlicher Streitereien leisten“, meinte er bei einem Treffen mit Merkel
       am Sonntagabend.
       
       Er selber kann sich aber ebenfalls nicht den „Luxus“ einer erneuten
       Ablehnung bei der Besetzung des französischen Postens in der Kommission
       erlauben. Er sagte von der Leyen, er handele weiterhin für die „Schaffung
       einer starken Europäischen Kommission, die sich auf eine solide Mehrheit im
       Parlament abstützen kann“. Einige EU-Abgeordneten hatten allerdings den
       Eindruck, dass Macron nicht mehr als ein Parlament von Ja-Sagern wünsche.
       
       Bei einem deutsch-französischen Ministerrat in Toulouse hat Macron bereits
       am Mittwoch erneut die Gelegenheit, neben bilateralen Fragen und den
       internationalen Konflikten und Krisen auch das Thema EU-Kommission erneut
       aufs Tapet zu bringen.
       
       14 Oct 2019
       
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