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       # taz.de -- Neue Fischfangquoten: Weniger Hering aus der Ostsee
       
       > Etlichen Fischbeständen in der Ostsee geht es ausgenommen schlecht. Die
       > EU-Fischereiminister einigen sich nun auf weitreichende Einschnitte.
       
   IMG Bild: Für Umweltverbände ist jeder Heringsfang in der Ostsee zu viel
       
       Luxemburg dpa/taz | [1][Deutsche Ostsee-Fischer] müssen sich im kommenden
       Jahr auf deutliche Einschränkungen einstellen. Die erlaubten Fangmengen für
       Hering und [2][Dorsch in der westlichen Ostsee] werden deutlich gesenkt,
       wie nach dem Treffen der EU-Fischereiminister in der Nacht auf Dienstag in
       Luxemburg bekannt wurde. Auch für Freizeitangler wird es strengere Auflagen
       geben. Umweltschützern gehen die Beschlüsse allerdings nicht weit genug.
       
       Beim für Deutschland wichtigen westlichen Hering einigten sich die Minister
       darauf, die erlaubte Fangmenge um 65 Prozent zu senken. Beim westlichen
       Dorsch sind minus 60 Prozent vorgesehen. In der östlichen Ostsee darf
       Dorsch nur in geringen Mengen als Beifang gefischt werden. Auch
       Dorsch-Freizeitfischer müssen sich einschränken: Künftig dürfen sie nur
       noch fünf statt sieben Exemplare am Tag aus dem Wasser ziehen. Im Februar
       und März sollen es nur zwei sein.
       
       Die EU-Fischereiminister legen in jedem Jahr die sogenannten zulässigen
       Gesamtfangmengen fest. Die EU-Kommission macht dafür Vorschläge auf der
       Grundlage wissenschaftlicher Empfehlungen, in denen der Zustand einzelner
       Bestände untersucht wird. Ein Bestand ist eine Fischart in einem bestimmten
       Gebiet.
       
       Die Gesamtfangmengen werden unter den EU-Staaten dann als nationale Quoten
       verteilt. Wenn das in einer Quote erlaubte Kontingent ausgeschöpft wurde,
       darf das jeweilige Land dort vorübergehend keine Fische mehr fangen. In den
       Verhandlungen geht es grundsätzlich darum, eine Balance zwischen dem Schutz
       der Bestände und den Interessen und Bedürfnissen der Fischfangindustrie zu
       finden.
       
       ## Zu wenig Hilfe für den Hering
       
       Es seien schwierige, aber notwendige Entscheidungen gewesen, sagte
       EU-Fischereikommissar Karmenu Vella nach der Einigung. „Viele baltische
       Fischbestände und Ökosysteme sind in einem alarmierenden Zustand.“ Es gebe
       Sorgen um die Umwelt, aber auch um an der Ostsee gelegene Gemeinden, die
       für ihren Lebensunterhalt auf diese Ökosysteme angewiesen seien.
       
       „Es wird ernste kurzfristige Wirtschaftsfolgen für einige Fischer geben“,
       sagte Vella weiter. Die Kommission werde daher Hilfsmöglichkeiten prüfen.
       Zum ersten Mal gebe es außerdem eine schriftliche Erklärung der
       Ostsee-Staaten, weitere Ursachen für den schlechten Zustand der
       Dorschbestände anzugehen, sagte er. Dazu zählten etwa Verschmutzungen und
       Lebensraumverschlechterungen durch Industrie und Landwirtschaft.
       
       Umweltschützer reagierten weitgehend enttäuscht. Für den Dorsch in der
       östlichen Ostsee sei ein absolutes Fangverbot nötig, um den dezimierten
       Bestand zu retten, teilte die Meeresschutzorganisation Oceana mit. Auch für
       den westlichen Hering müsse ein Fangverbot verhängt werden, um gravierende
       Folgen zu verhindern. Die Reduzierungen beim westlichen Dorsch seien
       hingegen zu begrüßen, erklärte Oceana-Europadirektorin Pascale Moehrle.
       Eine gemischte Bilanz zog der [3][WWF]: Beim östlichen Dorsch könnten die
       beschlossenen Maßnahmen „dem Bestand bei der Erholung helfen“, meint
       Fischereiexpertin Stella Nemecky. Beim Hering hätten die Minister dagegen
       „keine nachhaltige Entscheidung getroffen“.
       
       Deutschland hatte sich zuvor noch gegen aus seiner Sicht übermäßige
       Senkungen der Fangquoten gewehrt. „Angesichts der sozio-ökonomischen
       Auswirkungen einer so drastischen Kürzung schlagen wir (…) eine geringere
       Senkung der Fangmenge als die von der Kommission vorgeschlagenen 71 Prozent
       vor“, sagte Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) vor den
       Verhandlungen mit Blick auf den Heringsfang in der westlichen Ostsee.
       
       Auch die von der EU-Kommission für den Freizeit-Dorschfang vorgeschlagene
       Höchstmenge von zwei Exemplaren pro Tag bezeichnete Klöckner als nicht
       akzeptabel. „Dies könnte einer Schließung des Angeltourismus an der
       deutschen Ostseeküste gleichkommen.“
       
       15 Oct 2019
       
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