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       # taz.de -- Rassismus im Fußball: Keine Gnade!
       
       > Rassistische Exzesse der Heimfans überschatten das EM-Qualifikationsspiel
       > zwischen Bulgarien und England. Jetzt ist die Uefa gefordert.
       
   IMG Bild: Nichts als Hohn: Die Meinung bulgarischer Fans zur Antirassismus-Kampagne der Uefa
       
       Rassistische Gesänge von den Rängen, Fans, die den Hitlergruß zeigen, und
       Hohn und Spott für die antirassistische [1][“Respect“-Kampagne] der
       Europäischen Fußballunion Uefa. Es war schockierend, was sich im
       Wassil-Lewski-Nationalstadion von Sofia am Montagabend abgespielt hat.
       Schon kurz nach dem Anpfiff wurde das EM-Qualifikationsspiel zwischen
       Bulgarien und England selbst zur Nebensache.
       
       Die Fans, die nicht müde wurden, Affengeräusche von sich zu geben, immer
       wenn [2][der englische Verteidiger Tyrone Mings] an den Ball kam,
       bestimmten das Geschehen. Zwei Mal musste das Spiel unterbrochen werden.
       Für das englischen Team war es ein niederschmetternder Tag, der
       “schrecklichste, den ich je im Fußball erlebt habe“, wie Greg Clakre, der
       Chef des englischen Fußballverbands FA, meinte.
       
       Nun ist es einmal mehr an der Uefa, eine angemessene Strafe für die
       Vergehen der Fans zu finden. Die waren in dieser Qualifikationsserie schon
       zwei Mal mit rassistischen und nationalistischen Exzessen auffällig
       geworden. Für Vorfälle aus den Spielen gegen Tschechien und den Kosovo
       setzte es Strafen. Ein Sektor für 5.000 Zuschauer wurde gesperrt.
       
       Zudem mussten die Bulgaren das Stadion für das England-Spiel mit
       Uefa-Bannern, auf denen “Equal Play“ zu lesen war, ausschmücken. Dass das
       rassistische Fans nicht davon abhalten würde, ihre Anfeindungen vor allem
       schwarzen Spielern gegenüber durch das Stadion zu grölen, hatten die
       Engländer schon vor dem Spiel befürchtet und damit gedroht, den Platz zu
       verlassen, falls es zu rassistischen Anfeindungen kommen sollte.
       
       ## Regeln ohne Hüter
       
       Bei dieser Ankündigung schwang schon die Befürchtung mit, dass die
       Unparteiischen, die die Uefa zu der Partie schicken würden, die Regularien
       des Verbands eher zurückhaltend interpretieren würden. Die Uefa hat für
       rassistische Vorfälle auf den Rängen Regularien entwickelt, an die sich so
       gut wie nie gehalten wird.
       
       Zunächst soll bei einem Vorfall das Spiel unterbrochen werden, damit über
       den Stadionsprecher eine antirassistische Botschaft verlesen werden kann.
       Beim zweiten Vorfall sind die Schiedsrichter dazu angehalten, die
       Mannschaften in die Kabine zu bitten und mit dem Wiederanpfiff so lange zu
       warten, bis sich die Lage im Stadion beruhigt hat, Störer eventuell der
       Kurve verwiesen worden sind. Bei einem dritten Vorfall soll das Spiel ganz
       abgebrochen werden. Eigentlich ganz einfach.
       
       Doch die Schiedsrichter um den Spielleiter Iwan Bebek aus Kroatien schaften
       es schon nicht, den zweiten Punkt umzusetzen. Wenn sie nicht vom englischen
       Trainer Gareth Southgate auf die rassistischen Gesänge aufmerksam gemacht
       worden wären, hätten sie wohl gar nichts unternommen. Auch Mings selbst
       soll zum Assistenten an der Linie gesagt haben: “Hey, haben Sie das
       gehört?“ Doch das Schiedsricherteam reagierte erst, als sich Southgate beim
       vierten Offiziellen beschwert hat. Wenn diejenigen nichts für die
       Durchsetzung der Regeln tun, die dafür zuständig sind, dann nützen die
       strengsten Bestimmungen nichts.
       
       ## Mangel an Problembewusstsein
       
       Jetzt wird die Uefa wieder über eine Bestrafung nachdenken. Wahrscheinlich
       müssen die Bulgaren ein paar Heimspiele vor leeren Rängen austragen. Ob das
       etwas helfen würde? Wohl kaum. Bulgariens Nationaltrainer Krassimir Balakow
       sagte nach dem Spiel, er habe keine rassistischen Gesänge gehört. Warum
       dann sein Kapitän in der Pause zu den Fans gegangen sei, um sie zu
       beruhigen, auch darauf hatte er eine Antwort. “Es ging um den Auftritt
       unseres Teams auf dem Platz.“
       
       Problembewusstsein sieht anders aus. Vielleicht wäre es am besten, die Uefa
       würde dem bulgarischen Fußballverband ein bisschen Zeit zum Nachdenken über
       Rassismus geben. Wie wäre es mit einem Ausschluss des Verbands für die
       nächste WM-Qualifikation? Es wird wohl nicht so kommen.
       
       Das Spiel übrigens hat England mit 6:0 gewonnen. Eine gute Nachricht hat es
       an diesem finsteren Abend also doch noch gegeben.
       
       15 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Werbeclip-der-Uefa/!5090268
   DIR [2] https://www.11freunde.de/artikel/die-bewegende-karriere-von-tyrone-mings
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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