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       # taz.de -- Unruhen und Proteste in Chile: Notstand in fünf weiteren Städten
       
       > Nach gewaltsamen Unruhen hat Chiles Regierung den Ausnahmezustand
       > ausgeweitet. Im Großraum Santiago bleiben am Montag die Schulen
       > geschlossen.
       
   IMG Bild: Erstmals seit Ende der Pinochet-Diktatur patrouillierten bewaffnete Soldaten auf den Straßen
       
       Buenos Aires taz | Wegen der [1][Proteste und gewaltsamen Unruhen] in Chile
       hat die Regierung den Ausnahmezustand ausgeweitet. „Wir befinden uns im
       Krieg gegen einen mächtigen Feind, der nichts und niemand respektiert“,
       erklärte Präsident Sebastián Piñera am Sonntagabend. Inzwischen ist der
       Notstand sowie eine nächtliche Ausgangsperre neben der Hauptstadt Santiago
       auch über die Städte Valparaíso, La Serena, Rancagua, Concepción und
       Valdivia verhängt. Damit ist jetzt auch dort der Einsatz der Streitkräfte
       erlaubt.
       
       Knapp 10.000 Soldaten sind inzwischen im Einsatz. Seit Freitag kamen
       mindestens zehn Menschen ums Leben. Über 60 Supermärkte wurden geplündert
       und zum Teil in Brand gesteckt. In der Kommune Lo Espejo im südlichen
       Großraum von Santiago wurde die Gemeindeverwaltung verwüstet.
       
       Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden seit Beginn der Unruhen am
       Freitag 1.554 Personen festgenommen. Die Schulen bleiben im Großraum
       Santiago am Montag geschlossen.
       
       Die Proteste hatten vergangenen Montag begonnen, nachdem der Preis für ein
       U-Bahn-Ticket von 800 auf 830 Peso erhöht wurde. Als Reaktion sprangen
       Schüler*innen und Studierende zunächst über die Drehkreuze an den Zugängen
       zu den Bahnsteigen.
       
       ## Preiserhöhung wurde gestoppt, Proteste blieben
       
       Zur Eskalation kam es dann am Freitag. In zahlreichen U-Bahnhöfen in
       Santiago wurde Feuer gelegt, über ein Dutzend Linienbusse brannten aus, das
       Gebäude des Stromversorgers Enel stand in Flammen. Noch in der Nacht
       verhängte Präsident Sebastián Piñera den Ausnahmezustand über die
       Hauptstadt und einige umliegende Bezirke. Am Samstag wurde zudem eine
       nächtliche Ausgangsperre verhängt.
       
       Obwohl Piñera die Fahrpreiserhöhung am Samstagnachmittag zurückgenommen
       hatte, hielten die Proteste auch am Sonntag an. Protestierende klopften auf
       Kochtöpfe, Autofahrer veranstalteten Hubkonzerte. Immer wieder drängten
       Sicherheitskräfte die Protestierenden durch den Einsatz von Schlagstöcken
       und dem Verschießen von Tränengasgranaten zurück.
       
       Erstmals seit dem Ende der Pinochet-Diktatur 1990 patrouillierten
       bewaffnete Soldaten durch die Straßen und auf den Plätzen der Hauptstadt,
       fuhren Panzerwagen auf den Straßen und flog mehrfach ein
       Militärhubschrauber über das Stadtgebiet.
       
       Noch ist wenig bekannt, wer sich außer den Schüler*innen und Studierenden
       an den Aktionen beteiligt. Allgemein gilt die soziale Ungleichheit in Chile
       als wesentliche Ursache der Proteste. 2017 verfügte ein Prozent der
       Bevölkerung über 26,7 Prozent des Reichtums des Landes, während die Hälfte
       der Bevölkerung gerade einmal 2,1 Prozent für sich beanspruchen konnte,
       heißt es in einem Bericht der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika
       und die Karibik (Cepal). Der offizielle Mindestlohn beträgt umgerechnet
       knapp 380 Euro – gleichzeitig sind die Lebenshaltungskosten hoch.
       
       21 Oct 2019
       
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