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       # taz.de -- Prozess wegen Kraftwerksblockade: Notwehr oder Straftat?
       
       > Darf man wegen des Klimawandels ein Braunkohlekraftwerk lahmlegen? Fünf
       > Aktivist*innen müssen sich vor Gericht verantworten.
       
   IMG Bild: Die fünf Angeklagten stehen vor Beginn ihres Prozesses vor dem Gericht in Eschweiler
       
       Eschweiler taz | „Wir haben veröffentlicht, dass wir verklagt werden, und
       viel Zuspruch bekommen für die Aktion“, sagt ein Angeklagter. „Solidarität
       ist unsere stärkste Waffe.“ Mit öffentlichem Interesse scheint das Gericht
       auch gerechnet zu haben: Die Verhandlung findet im größten Saal des
       Gebäudes statt. Aber der größte Saal des Amtsgerichts Eschweiler hat eben
       nur 20 Plätze.
       
       Hier startete am Mittwoch der Strafprozess gegen fünf Klimaaktivist*innen.
       Es ist der erste von drei Verhandlungstagen: Ein Schöff*innengericht soll
       entscheiden, ob sich die Angeklagten vor zwei Jahren des Hausfriedensbruchs
       und der Störung öffentlicher Betriebe strafbar gemacht haben, als sie das
       [1][RWE-Braunkohlekraftwerk Weisweiler] ganz in der Nähe von Eschweiler
       über Stunden blockierten und dadurch die Stromproduktion störten.
       
       Die sogenannte „WeShutDown“-Aktion fand parallel zur Weltklimakonferenz in
       Bonn statt. Am Morgen des 15. November 2017 sollen die 22 bis 37 Jahre
       alten Aktivist*innen unerlaubterweise über einen Zaun auf das
       Kraftwerksgelände geklettert sein.
       
       Dort sollen sie die Förderbänder blockiert haben, mit denen Braunkohle aus
       dem angrenzenden Tagebau Inden zum Kraftwerk transportiert wird. Zeitweise
       schaltete RWE aus Sicherheitsgründen Teile der Förderstruktur ab, sowie
       Kraftwerksblöcke.
       
       ## „Die Aktion hat also den Schaden begrenzt“
       
       „Durch die Blockade wurden tausende Tonnen CO2 eingespart, die sonst den
       Klimawandel weiter angeheizt hätten“, sagt eine Angeklagte. „Die Aktion hat
       also den Schaden begrenzt, den die Kohleindustrie jeden Tag anrichtet.
       Damit war sie nicht nur legitim, sondern auch juristisch nicht
       rechtswidrig.“ Von ursprünglich 14 Aktivist*innen, die sich an der Blockade
       beteiligt haben sollen, sind 5 angeklagt, deren Identität festgestellt
       werden konnte.
       
       Der Strafprozess vor dem Amtsgericht könnte auch Einfluss haben auf [2][die
       zivilrechtliche Entscheidung zu einer Schadensersatzklage von RWE vor dem
       Aachener Landgericht]: Wegen der Blockade fordert das Unternehmen von vier
       der fünf Aktivist*innen Schadensersatz in Höhe von zwei Millionen Euro.
       
       Den fehlenden Strom aus eigener Produktion hat RWE nach eigenen Angaben
       nämlich auf dem Strommarkt zukaufen müssen. Die zivilrechtliche Verhandlung
       ist mit Blick auf den Prozess in Eschweiler zunächst ausgesetzt.
       
       Die Kraftswerksblockade sieht Rechtsanwalt Christian Mertens, der eine der
       Angeklagten vertritt, rechtlich als Notwehr. „Es gab schon die
       Entscheidung, dass das Eindringen und Filmen in Massentierhaltung nicht
       strafbar ist, wenn man damit Missstände aufdeckt“, sagt er.
       
       „Dass man das Recht in die eigene Hand nimmt, ist naturgemäß bei der
       Notwehr so.“ Der Klimawandel betreffe „nicht einen Einzelfall, sondern
       siebeneinhalb Milliarden Einzelfälle. Das Ding bringt uns um.“ Am 4
       Dezember wird das Gericht wahrscheinlich ein Urteil fällen.
       
       30 Oct 2019
       
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