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       # taz.de -- Zukunft der Linkspartei: Caren Lay tritt an
       
       > Die wohnungspolitische Sprecherin der Linken will Sahra Wagenknecht als
       > Ko-Fraktionschefin nachfolgen. Am 12. November wird die neue Spitze
       > gewählt.
       
   IMG Bild: Hat sich in der Mietenpolitik einen Namen gemacht und will nun die Fraktion führen: Caren Lay
       
       BERLIN taz | Mit Caren Lay hat eine erste Bewerberin ihre Kandidatur für
       die Nachfolge von [1][Sahra Wagenknecht] als Fraktionsvorsitzende
       öffentlich angemeldet. Die 46-jährige ist derzeit Vize-Fraktionschefin und
       wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion. Der Fraktionsvorstand wird am
       12. November neu gewählt.
       
       „Wir brauchen ein starkes Zentrum und strömungsübergreifende
       Zusammenarbeit“, sagte Lay am Mittwoch gegenüber den Medien in Berlin.
       „Erwerbslose und Beschäftigte können sich keine zerstrittene Linke
       leisten.“ Sie stehe für eine „Kultur der Anerkennung“ und der
       „Wertschätzung“ der Arbeit der 69 Abgeordneten. Wagenknecht stand
       fraktionsintern in der Kritik, weil sie zwar zahlreiche öffentliche
       Auftritte absolviert, die eigentliche Fraktionsarbeit aber vernachlässigt
       hatte.
       
       Lay wurde im rheinland-pfälzischen Neuwied geboren, studierte in Marburg,
       Frankfurt am Main und Berlin. 2000 ging sie als Mitarbeiterin zur
       PDS-Fraktion nach Sachsen, war kurzzeitig Redenschreiberin für die grüne
       Bundesministerin Renate Künast, ehe sie 2004 als PDS-Abgeordnete wieder
       nach Sachsen zog.
       
       Von 2010 bis 2012 arbeitete sie als Bundesgeschäftsführerin, ein Jahr hatte
       sie ein Mandat im Bundestag angetreten. Seitdem hat sie sich in der
       Mietenpolitik einen Namen gemacht und das Thema sowohl in ihrer Partei auf
       die Tagesordnung gesetzt als auch Verbindung mit Basisgruppen geschaffen.
       
       Lay könnte den inoffiziellen Anforderungen ihrer Fraktion an eine
       Ost-West-Quotierung genügen, auch wenn sie nicht im Osten aufgewachsen ist.
       Die Noch-Fraktionsvorsitzende Wagenknecht war den umgekehrten Weg gegangen:
       Sie wuchs im Osten auf, ging in den Westen und kandidierte für den
       Landesverband NRW.
       
       Ob ihre Wahl die persönlich wie politisch zerstrittene Fraktion einen
       könnte, ist schwieriger zu beantworten. „Es gibt bisher eine positive
       Resonanz auf meine Kandidatur, insbesondere aus der Mitte der Fraktion“,
       sagte Lay, die als Vertraute von Parteichefin Katja Kipping gilt.
       
       ## Was wird mit den Wagenknechtianern?
       
       Ihre Wahl würde das sogenannte Hufeisenbündnis zwischen den Parteilinken um
       Wagenknecht und den Ost-Pragmatikern um Fraktionschef Dietmar Bartsch
       sprengen. Während Bartsch auf dem Männerplatz in der Fraktionsspitze als
       gesetzt gilt, ist auf Seiten der Wagenknecht-Linken für den Frauenplatz
       bisher keine konsensfähige Kandidatin in Sicht.
       
       Verkompliziert wird die Situation, weil im Juni 2020 in Erfurt auch die
       reguläre Neuwahl des Parteivorstands ansteht. Katja Kipping und ihr
       Ko-Vorsitzender Bernd Riexinger könnten nach acht Jahren Amtszeit nur mit
       einem Ausnahmebeschluss noch einmal antreten. Eine Paketlösung, die sowohl
       Fraktion als auch Vorstand so verhandelt, dass alle Strömungen
       berücksichtigt sind, wird es aber nicht geben.
       
       Am Ende könnten einige Strömungen leer ausgehen. Dies gilt insbesondere für
       die informell organisierte Wagenknecht-Linke, die nach dem Rückzug ihrer
       Galionsfigur deutlich geschwächt ist. Ihr Vertrauter Fabio de Masi, der als
       Vorstandskandidat gehandelt wird, war am Mittwoch für eine Stellungnahme
       nicht zu erreichen.
       
       Wagenknecht hatte schon im März aus gesundheitlichen Gründen angekündigt,
       bei der Neuwahl der Fraktionsspitze nicht mehr zu kandidieren. Das
       Wagenknecht- und Kipping-Lager hatten sich über die Haltung der Linken zur
       Migrationspolitik [2][monatelang Auseinandersetzungen] geliefert. Im
       Hintergrund stand die Frage, ob sich die Linke mehr auf die akademische,
       junge Wählerschicht konzentrieren sollte, um die auch die Grünen werben,
       oder auf die Arbeitermilieus, die vor allem im Osten zur AfD abwandern.
       
       30 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Reeh
       
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