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       # taz.de -- Ökoanleihen des Bundes: Wie man die Wähler täuscht
       
       > Künftig wird ein Teil der Staatsschulden in neue Ökopapiere umgewandelt.
       > In den Umweltschutz wird aber kein einziger Extra-Cent fließen.
       
   IMG Bild: Grüner wird's mit den Öko-Anleihen nicht
       
       Auf den allerersten Blick wirkt die Idee grandios: Ab 2020 will der
       deutsche Staat „Umweltanleihen“ auflegen, um damit Geld einzusammeln, das
       dann gezielt [1][in Ökomaßnahmen investiert] werden soll. So hat es
       Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in einem Interview verkündet. Das Label
       „Öko“ macht sich derzeit immer gut.
       
       Doch bei näherem Hinsehen fällt auf: In Wahrheit sind diese geplanten
       Ökoanleihen nur ein billiger Marketing-Gag der Regierung. Faktisch wird
       sich in der bundesdeutschen Umweltpolitik gar nichts bewegen.
       
       Die Staatsausgaben werden bekanntlich vom Parlament beschlossen. Der
       Bundestag entscheidet, wie viel Geld in den Umweltschutz fließt. An diesen
       Einzeletats ändert sich überhaupt nichts, wenn der Finanzminister plötzlich
       eine Ökoanleihe auflegt.
       
       Beispiel Klimaschutz: Die meisten Maßnahmen finanziert die Bundesregierung
       über den „Energie- und Klimafonds“. Für das Jahr 2019 sind dort matte 4,6
       Milliarden Euro eingestellt. Diese lächerliche Summe soll auch in den
       nächsten Jahren kaum steigen, wie man in der mittelfristigen Finanzplanung
       nachlesen kann. Es wäre also ein immenser Irrtum zu glauben, dass
       Ökoanleihen plötzlich zu mehr Umweltschutz führten.
       
       Genauso seltsam: Momentan nimmt der Bund überhaupt keine neuen Schulden
       auf. Stattdessen [2][wird bekanntlich die „Schwarze Null“ angehimmelt].
       Ziel ist der ausgeglichene Haushalt, der sich komplett aus Steuermitteln
       finanziert. Wenn der Staat aber gar keine weiteren Darlehen aufnehmen will
       – was soll dann eine Ökoanleihe bewirken? Die Antwort ist bitter: Mit der
       Zukunft hat die Ökoanleihe gar nichts zu tun – sondern nur mit der
       Vergangenheit.
       
       In früheren Jahrzehnten hat Deutschland Staatsschulden von etwa 1,9
       Billionen Euro aufgehäuft. Diese Kredite werden regelmäßig umgeschichtet,
       weil alle Anleihen befristet sind und irgendwann auslaufen. Alte Papiere
       werden also durch neue ersetzt.
       
       Hier kommen nun die geplanten Umweltanleihen ins Spiel. Künftig wird ein
       Teil der alten deutschen Staatsschulden in neue Ökopapiere umgewandelt. In
       den Umweltschutz wird aber kein einziger Extra-Cent fließen.
       
       Immerhin: Für diesen Marketing-Gag will Scholz kein Geld ausgeben. Die
       Zinsen für die Ökopapiere sollen genauso niedrig sein wie für normale
       Staatsanleihen. Die CSU hingegen fordert, dass die unsinnigen Ökopapiere
       üppige 2 Prozent Zinsen bringen sollen – was vor allem Vermögende beglücken
       würde. Aber auch für Scholz gilt: Selten wurden die Wähler so getäuscht.
       
       1 Nov 2019
       
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