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       # taz.de -- Linke Demos in Berlin: Nicht nur friedlich
       
       > 4.000 Menschen demonstrieren am Samstag gegen den Krieg in Nordsyrien,
       > über 1.000 gegen die Verdrängung linker Szeneorte.
       
   IMG Bild: Kurd*innen und Linke protestieren in Berlin gegen die türkische Invasion in Rojava
       
       berlin | „Blut an euren Händen“ riefen die Demonstrant*innen der
       SPD-Zentrale entgegen und: „CDU und SPD, der lange Arm der AKP“. Die im
       Pyronebel aufgeregt bellenden Hunde, mit denen sich zuvor
       Bundespolizist*innen vor dem Willy-Brandt-Haus in Stellung gebracht hatten,
       heizten die Stimmung noch an.
       
       Doch am Samstag forderte nicht nur die Demo „Stoppt den Krieg, Solidarität
       mit Rojava“, die sich gegen Kooperationen der Großen Koalition mit dem
       türkischen Präsidenten und seine Invasion in Nordsyrien richtete, die
       Polizei heraus. Auch die Unterstützer*innen von räumungsbedrohten
       Wohnprojekten versuchten in Kreuzberg, Neukölln und Friedrichshain die
       Macht aufzuzeigen, die auf der Straße liegt. Beide Bewegungen zeigten sich
       wiederum solidarisch miteinander.
       
       Ab 12 Uhr sammelten sich die annähernd 4.000 Rojava-Protestierenden am
       Alexanderplatz, um zum Potsdamer Platz zu ziehen. Anlässlich des weltweit
       begangenen „World Resistance Day“ hatte das Bündnis „Rise up for Rojava“ zu
       der Kundgebung aufgerufen, und Privatpersonen und Gruppen aus ganz
       Deutschland waren gekommen. Darunter nicht nur „Women Defend Rojava“, die
       „Radikale Linke Berlin“, und die „Seebrücke Darmstadt“, sondern auch
       Vertreter*innen von Gewerkschaften und den Umweltbündnissen „Hambacher
       Forst bleibt“ und „Fridays for Future“.
       
       ## Rojava steht für Geschlechtergerechtigkeit
       
       Schon am Alex versuchte die Polizei mit Flaggen- und Personenkontrollen
       ihre Souveränität über die pluriforme Versammlungslage zu beweisen. Salih
       Yalti, ein Kurde der mit seiner Familie aus Hannover zur Demo gekommen war,
       empfand es als Provokation, dass die Polizei ihn aufforderte, die
       [1][YPG-Fahne] zu erklären, die er in Händen hielt. „Die haben doch eine
       Liste mit allen verbotenen Flaggen und die YPG kennt jeder. Ich bin
       deutscher Staatsbürger, das sind unsere Waffen, die Erdoğan gegen Rojava
       einsetzt. Dagegen demonstriere ich“, sagte Yalti der taz. Die Leipzigerin
       Tanja S. lief am Samstag bei „Women Defend Rojava“ mit und gab an, schon
       bei vielen Rojava-Demos gewesen zu sein. Wie sie der taz sagte, gehe es ihr
       darum, Solidarität mit den weiblichen Kämpferinnen der „Demokratischen
       Kräfte Syriens“ zu zeigen. Die kurdische Selbstverwaltung in Rojava stehe
       für Geschlechtergerechtigkeit.
       
       Auch Sabine Kunig, die auf der Demo zusammen mit der linken
       Bezirksverordneten Elke Dangeleit das Banner des Vereins
       „Städtepartnerschaft Friedrichshain-Kreuzberg – Dêrik“ trug, hob der taz
       gegenüber die Leitideen Rojavas hervor: „Dêrik in Nordsyrien und Kreuzberg
       haben viele Parallelen. Beiden Kommunen geht es es um ethnische und
       religiöse Vielfalt, um eine ökologisch orientierte Wirtschaft und um die
       Wertschätzung von Frauen.“ Kunig sagte, es sei skandalös, dass der einzige
       relativ friedliche Ort in Syrien nun von der türkischen Armee
       destabilisiert werde.
       
       Als Vermittler sah sich am Samstag der kurdischstämmige Abgeordnete Hakan
       Taş (Linke), der nicht nur am Willy-Brandt-Haus, sondern schon zuvor bei
       einer Zuspitzung an der Ecke Friedrichstraße/Kochstraße gewaltsame
       Zusammenstöße zwischen radikaleren Demonstrant*innen und der Polizei
       verhinderte. Grund für die Spannungen war jeweils gewesen, dass sich eine
       Gruppe von etwa 130 Protestierenden hinter Fahnen und Transparenten
       vermummt hatte. Es kam zu 19 Strafermittlungsverfahren.
       
       ## Scheiben gehen zu Bruch
       
       Weniger friedlich verlief der Polizei zufolge die Demonstration „Projects
       united“ gegen die Verdrängung linker Szeneorte wie dem Neuköllner Syndikat
       und dem Friedrichshainer queer-feministischen Wohnprojekt Liebig34. Die
       laut Polizei mehr als 1.000 Demonstrant*innen waren ab dem
       Samstagnachmittag von Neukölln über Kreuzberg bis zur Rigaer Straße in
       Friedrichshain gezogen. Dort soll es dann gegen 19.30 Uhr in Höhe des
       [2][umstrittenen Bauprojektes der CG-Gruppe] und im weiteren Verlauf zu
       Zusammenstößen mit der Polizei gekommen sein. Flaschen, Böller und
       Farbbeutel seien auf Polizist*innen geworfen worden. Die Scheiben mehrerer
       parkender Autos gingen zu Bruch. Acht Strafermittlungsverfahren wurden
       eingeleitet. Unter massiver Polizeipräsenz und „Ganz Berlin hasst die
       Polizei“-Rufen passierte der Demonstrationszug schließlich das Hausprojekt
       in der Liebigstraße Ecke Rigaer Straße, das am 15. November geräumt werden
       soll. Gegen 20.30 Uhr löste sich die Versammlung am Bersarinplatz auf.
       
       Innensenator Andreas Geisel (SPD) verurteilte die Aktionen der
       Demonstrant*innen am Sonntag. Die CDU Berlin sah ihn dagegen in der
       persönlichen Verantwortung für jedwede Eskalation in der Rigaer Straße und
       sprach von einem „Ghetto der Gewalt“.
       
       3 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kurdische-Symbole-in-Deutschland/!5629632/
   DIR [2] /Bauprojekt-Carre-Sama-Riga-in-Berlin/!5399226&s=CG+Gruppe/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Hunglinger
       
       ## TAGS
       
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