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       # taz.de -- Ultras kritisieren Werder Bremen: Angespanntes Verhältnis
       
       > Nach dem Ordner- und Polizeieinsatz beim Pokalspiel von Werder Bremen
       > gegen Heidenheim haben die Werder-Ultras starken Klärungsbedarf.
       
   IMG Bild: Eine Quelle des Ärgers ist die Unbenennung des Stadions: Fan-Protest im August 2019
       
       Bremen taz | Die heile Welt, die der SV Werder Bremen so gern bemüht, hat
       Risse. Aus Sicht linker Ultras vor allem, weil sich der Verein an windige
       Sponsoren verkaufe. Seit 2012 prangt das Emblem des umstrittenen
       Geflügelmästers Wiesenhof auf den Trikots der Spieler. Zu Beginn der
       laufenden Saison verscherbelte der Klub den Stadionnamen an die
       Immobilienfirma Wohninvest.
       
       Viele Fans wollen sich damit nicht abfinden. Bei den Heimspielen entrollen
       sie Transparente, auf denen die Beibehaltung des alten Stadionnamens
       gefordert wird. Ein Banner der Ultragruppe „Wanderers“ mit der Aufschrift
       „Immobilienhai. Vorsicht. Bissig“ und zwei nach unten zeigenden Pfeilen
       hängt stets mit Genehmigung des Vereins im Fanblock in der Ostkurve –
       direkt über der Wohninvest-Loge.
       
       Das war auch am Mittwochabend so, als Werder in der zweiten Pokalhauptrunde
       gegen den 1. FC Heidenheim kickte und den Zweitligisten in der ersten
       Halbzeit regelrecht zerlegte. Nach einer halben Stunde, die Bremer führten
       3:0, kam es in der Ostkurve zu Tumulten.
       
       Ordner rissen das Transparent ab und entfernten noch ein weiteres. Es gab
       Rangeleien, behelmte Polizisten drangen in die Blocks vor.
       
       Einige Fans berichteten von Schlagstockeinsätzen der Beamten. „Wir wissen
       von einigen schweren Verletzungen“, sagte ein Mitglied der Ultra-Gruppe
       „Infamous Youth“ der taz: „Einem Mann wurde der Arm gebrochen, ein anderer
       erlitt einen Nasenbeinbruch.“
       
       Infolge der Auseinandersetzungen verließen mehrere Hundert Ultras mit
       Fahnen und allen übrigen Spruchbändern das Stadion, die Stimmung sackte
       vorübergehend in den Keller.
       
       Noch während des Spiels twitterte Werder: „Ein genehmigtes Banner wurde
       heute entgegen der Absprachen an einem nicht genehmigten Ort aufgehangen.
       Ordner wollten es entfernen und wurden von Werder-Fans attackiert. Ebenso
       unbeteiligte Besucher … Die Polizei ist daher eingeschritten und hat das
       Banner entfernt. Wegen dieses Einsatzes kam es zum Boykott von Ultragruppen
       und zum Teil zum Verlassen des Stadions.“ Nach Darstellung des Vereins
       hingen dieses und ein weiteres Pro-Weserstadion-Transparent im Bereich der
       Nord- beziehungsweise Südtribüne.
       
       Die Polizei teilte mit, der Ordnungsdienst des Stadions sei beim Entfernen
       eines Banners „körperlich angegriffen“ worden. Daraufhin hätten
       Einsatzkräfte „unterstützend eingegriffen und wurden ebenfalls angegangen“.
       Im Übrigen seien weder Schlagstöcke noch Pfefferspray zum Einsatz gekommen.
       
       Die „Grün-weiße Hilfe“, die Werderfans bei Problemen mit Polizei und Justiz
       berät, beurteilt den Vorfall ganz anders. Das Anbringen der beiden
       Transparente sei für die Ostkurve genehmigt gewesen. Die Blöcke 1 und 53,
       unter denen die Stoffstücke hingen, zählten laut Stadionplan eindeutig zur
       Ostkurve – tatsächlich ist der Plan hier aber nicht eindeutig. Vor diesem
       Hintergrund sei bereits unverständlich, warum die Banner überhaupt entfernt
       worden seien.
       
       „Es ist keine polizeiliche Aufgabe, das Hausrecht des Vereins oder gar die
       Interessen eines Stadionsponsors durchzusetzen“, betont die Fan-Hilfe.
       Entgegen der Darstellung von Polizei und SV Werder sei es zu keinen
       körperlichen Angriffen gegen Polizei- oder Ordnungskräfte gekommen,
       „vielmehr wurden einzelne Werder-Fans bei dem Einsatz verletzt und befinden
       sich teilweise in ärztlicher Behandlung“. Die Reaktion des Vereins, der das
       Vorgehen der Polizei rechtfertige, sei „sehr enttäuschend“.
       
       Die schärfste Kritik kam am Freitag von „Infamous Youth“. „Das brutale
       Vorgehen der Polizei ist ein direkter Angriff auf das fanpolitische
       Engagement der Fanszene und die Meinungsfreiheit in unserem Stadion, den
       wir nicht unbeantwortet lassen konnten“, erklärte die Gruppe: „Für uns gibt
       es nichts Schöneres, als in der Kurve zu stehen und unseren SV Werder
       anzufeuern. Gleichzeitig sind wir keine Dienstleister in Sachen
       Unterstützung der Mannschaft, die sich alles gefallen lassen.“
       
       Von Werder wollen die Ultras nun wissen, wer den Ordner- und
       Polizeieinsatz veranlasst hat. Habe sich die Polizei über das Hausrecht des
       Vereins hinweggesetzt oder wolle die Geschäftsführung den Protesten gegen
       den Verkauf des Stadionnamens ein Ende setzen?
       
       Auch die Rolle von Wohninvest müsse geklärt werden. Das angespannte
       Verhältnis zwischen Ultras, Verein und Polizei bleibt angespannt. Die
       Ankündigung der Polizei, gegen Fans nun Anzeigen zu fertigen, trägt kaum
       zur Deeskalation bei.
       
       4 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
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