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       # taz.de -- Nach Fälscher-Skandal beim „Spiegel“: Relotius geht gegen Moreno vor
       
       > Er konstruiere eine Figur, ohne sie zu kennen: Das wirft der frühere
       > Starreporter des „Spiegels“ Juan Moreno vor. Der hatte Relotius'
       > Fälschungen aufgedeckt.
       
   IMG Bild: „Spiegel“-Reporter Juan Moreno im Oktober auf der Frankfurter Buchmesse
       
       Im Dezember 2018 gab der Spiegel bekannt, dass ihr Reporter Claas Relotius
       dutzende Geschichten ganz oder in Teilen gefälscht hatte. Aufgedeckt hat
       das der freie Mitarbeiter des Spiegels Juan Moreno, der seine Recherche und
       deren Ergebnisse kürzlich in dem Buch „Tausend Zeilen Lüge – Das System
       Relotius und der deutsche Journalismus“ veröffentlichte. Doch nun wird
       Moreno selbst der Falschaussagen beschuldigt – und zwar von niemand anderem
       als Claas Relotius.
       
       Laut [1][einem Bericht der Zeit] wirft Relotius, der von Medienanwalt
       Christian Schertz vertreten wird, Moreno vor, in seinem Buch an mehr als 20
       Stellen „erhebliche Unwahrheiten und Falschdarstellungen“ zu verbreiten.
       Darunter befinden sich Kleinigkeiten, in denen es darum geht, ob Relotius
       in seiner Zeit beim Spiegel jeden Mittag mit Kolleg*innen zum Mittagessen
       ging oder seltener. Einige der Vorwürfe sind jedoch schwerwiegender.
       
       Wie schon im Spiegel-Kommissionsbericht, der den Fall Relotius noch einmal
       komplett durchleuchtete, steht auch in Morenos Buch, dass Relotius 40
       Journalistenpreise bekommen habe. Laut Relotius und der Recherche der Zeit
       sei das allerdings falsch. 19 Preise und zwei Auszeichnungen von Magazinen
       habe er bekommen.
       
       Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf das erste Kapitel von Morenos Buch.
       Darin beschreibt er, wie Relotius eine feste Stelle im Gesellschaftsteil
       des Spiegel angeboten bekommen habe und diese ablehnte, da er sich um seine
       an Krebs erkrankte Schwester kümmern müsste. Wenige Seiten später schreibt
       Moreno: „Claas Relotius hat keine Schwester.“ Dass Relotius seine Schwester
       erfunden hat, gibt er selbst zu. Doch eine Krebserkrankung habe er nicht
       erfunden. Moreno gibt gegenüber der Zeit an, dass Matthias Geyer, der
       damalige Chef von Relotius, ihm die Geschichte erzählt habe. Das streitet
       Geyer nun aber ab. Es sei nie von einer Krebserkrankung die Rede gewesen
       und er habe auch niemandem in der Redaktion Derartiges erzählt.
       
       Anwalt Schertz wird nun für seinen Mandaten Relotius dem Autor Juan Moreno
       und dem Rowolth Verlag eine Unterlassungsforderung zustellen. Relotius
       erklärt das gegenüber der Zeit wie folgt: „Ich stelle mich allem, wofür ich
       verantwortlich bin, aber ich muss keine unwahren Interpretationen und
       Falschbehauptungen von Juan Moreno hinnehmen. Ohne mich persönlich zu
       kennen oder mit Menschen aus meinem Umfeld gesprochen zu haben, konstruiert
       Moreno eine Figur.“
       
       Es ist seine erste öffentliche Stellungnahme seit Bekanntwerden des
       Fälschungsskandals. Bisher ist nichts bekannt darüber, ob Relotius auch
       gegen den Spiegel-Kommissionsbericht oder andere journalistische
       Berichterstattung über ihn vorgehen wird.
       
       Die Fälschungen des Claas Relotius sind einer der größten
       Journalismus-Skandale in der Geschichte der Bundesrepublik. Nicht nur der
       Spiegel, auch andere Medien wie der Tagesspiegel, Die Zeit oder das
       Reportagen-Magazin veröffentlichten gefälschte Artikel von Relotius. Nach
       Bekanntwerden wurde im deutschen Journalismus [2][eine Debatte über
       Qualitätsjournalismus und das Genre Reportage] ausgelöst.
       
       Im Spiegel kam es in der Folge zu einigen Umstrukturierungen: Ullrich
       Fichtner, der Relotius für den Spiegel entdeckte, wurde nicht wie geplant
       Chefredakteur, Matthias Geyer, Relotius' vormaliger Chef, kein Blattmacher.
       [3][Stattdessen leitet Özlem Gezer das Gesellschaftsressort], in dem
       Relotius gearbeitet hatte, unter dem neuen Namen „Reporter“ künftig allein.
       
       23 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.zeit.de/2019/44/claas-relotius-juan-moreno-spiegel-reporter
   DIR [2] /Der-Fall-Claas-Relotius-und-Journalismus/!5557396
   DIR [3] /Spiegel-baut-Relotius-Ressort-um/!5631232
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carolina Schwarz
       
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