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       # taz.de -- Frankreichs Kandidat für EU-Kommission: Macrons zweite Wahl
       
       > Der französische Präsident schlägt Ex-Finanzminister Thierry Breton als
       > EU-Kommissar für Industriepolitik vor. Breton gilt als Costkiller.
       
   IMG Bild: Frankreichs neuer Vorschlag für die EU-Kommission: Ex-Wirtschaftsminister Thierry Breton
       
       Paris taz | Beim zweiten Anlauf in Sachen Kandidat für die EU-Kommission
       will der französische Präsident Emmanuel Macron auf Nummer sicher gehen.
       Mit Thierry Breton – zuständig für den Binnenmarkt, die Industrie, die
       Digitalisierung und die Verteidigungsindustrie – geht Frankreich nicht wie
       zuvor bei Sylvie Goulard das Risiko einer Ablehnung ein. Im Lebenslauf, den
       der jetzt nominierte Breton beim Hearing den EU-Abgeordneten vorlegen kann,
       finden sich keine Hinweise auf Verwicklungen in Finanzaffären oder
       anhängige Ermittlungen.
       
       Er hat sowohl in der staatlichen als auch privaten Wirtschaft Karriere
       gemacht und den Ruf, die von ihm geführten Unternehmen modernisiert zu
       haben. Die Gewerkschaften verweisen darauf, dass Breton bei Thomson oder
       France Télécom auch als Costkiller in Erscheinung getreten sei.
       
       Auch als Wirtschafts- und Finanzminister unter Präsident Jacques Chirac von
       2005 bis 2007 trat er für eine Senkung der Staatsausgaben ein. Bei seinem
       Amtsantritt 2005 hatte er erklärt: „Frankreich lebt über seine
       Verhältnisse.“ Die EU, die auf die Einhaltung der Maastricht-Kriterien
       drängte, applaudierte.
       
       Breton ist kein Buchhalter, sondern ein Elektronikingenieur, der sich für
       die zukunftsgerichtete Entwicklung der Informatik und die Digitalisierung
       der Kommunikation und Dienstleistungen für Unternehmen interessiert. Eine
       seiner frühesten Aufgaben bestand in der Konzeption des
       Technologie-Vergnügungspark „Futuroscope“ in Poitiers. Danach war er an der
       Sanierung von Informatikfirmen (CGI, Bull, Thomson) beteiligt und leitete
       2004 die Privatisierung des Staatsunternehmens France Télécom (heute
       Orange).
       
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       Seit 2009 ist er Vorsitzender des Software- und Service-Unternehmens Atos,
       in das er sukzessive Siemens IT Solutions, den früheren Computerkonzern
       Bull oder Bereiche von Xerox integriert und ein Programm zur Entwicklung
       von Quantencomputern gestartet hatte. Breton wäre zweifellos qualifiziert,
       um die Digitalisierung der EU-Kommission zu organisieren.
       
       Was für Macron aber am meisten zählt, ist eine Kandidatur, die es ihm
       erlaubt, diesen ursprünglich für Goulard maßgeschneiderten Schlüsselposten
       in der Kommission mit den weitgehenden Kompetenzen für Frankreich zu
       sichern. Es geht ihm dabei auch um seinen Einfluss. Ein geschrumpfter Sitz
       in der Kommission für Frankreich wäre für ihn nach dem Scheitern von
       Goulard eine zweite und noch schlimmere Niederlage.
       
       Die Gefahr eines solchen Desasters dürfte für Macron dank der Nominierung
       von Breton gebannt zu sein. Zu Breton gab es nicht viele Alternativen: Der
       heutige Wirtschaftsminister Bruno Le Maire wollte nicht und der derzeitige
       Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier war Macron zu sehr mit der
       konservativen Fraktion in Frankreich und der EU liiert.
       
       Bevor er sein Amt in Brüssel antreten kann, muss der 64-jährige Breton den
       Vorsitz des seit 2009 von ihm geführten französisch-deutschen Unternehmens
       Atos niederlegen. Die Tatsache, dass bei Atos bereits die Nachfolge
       organisiert worden ist, deutet darauf hin, dass Breton Macrons Vorschlag,
       nach Brüssel zu gehen, akzeptiert hat.
       
       24 Oct 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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