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       # taz.de -- EU-Parlament stimmt gegen Seenotrettung: Rettungs-Resolution gescheitert
       
       > Rechte haben im EU-Parlament eine Resolution zur Seenotrettung im
       > Mittelmeer verhindert. Malta schickt weiter Geflüchtete zurück nach
       > Libyen.
       
   IMG Bild: Die EU schaut weg: Hilfe kommt im Mittelmeer nurnoch von nichtstaatlichen Rettungsschiffen
       
       Berlin taz | Im EU-Parlament haben Konservative und extreme Rechte
       gemeinsam eine Resolution zur Seenotrettung im Mittelmeer verhindert. Linke
       und Grüne hatten den Antrag für eine staatliche Rettungsmission
       eingebracht, der sich auch gegen die strafrechtliche Verfolgung von
       Rettungs-AktivistInnen richtete.
       
       „Die Nachricht ist deutlich: Hier will man lieber wegschauen und sterben
       lassen, als Menschen vor dem Ertrinken zu retten“, sagte die Sprecherin für
       Asylpolitik der Linken im EU-Parlament, Cornelia Ernst. „[1][Die CDU und
       CSU behaupten, dass sie für die Seenotrettung sind] und dann stimmt man
       dagegen,“ sagte der Grüne Erik Marquardt. „Jährlich sterben tausende
       Menschen und die Konservativen diskutieren Kommata. Beschämend.“ Die
       SPD-Parlamentarierin Birgit Sippel kritisierte, dass so in Kauf genommen
       werde, „dass weiter unzählige unschuldige Menschen auf ihrem Weg nach
       Europa im Mittelmeer ihr Leben verlieren“.
       
       Die Konservativen hatten kurz zuvor einen Änderungsantrag eingebracht. Sie
       wollte einen Passus streichen, nachdem alle Akteure im Mittelmeer
       Informationen über Notfälle nicht nur an die zuständigen
       Rettungsinstitutionen weiterleiten sollen, sondern direkt auch an alle in
       der Nähe befindlichen Schiffe, die für eine Beteiligung an der Rettung in
       Frage kommen.
       
       Die EVP hatte eine eigenen Antrag eingebracht, der ebenfalls keine Mehrheit
       fand. Die rechten Parteien forderten vor allem, den Schwerpunkt der EU auf
       die Kontrolle der Außengrenzen und auf die Rückführung von Migranten in
       Drittländer zu konzentrieren. „Wir wollen keine Vorlage schaffen, die
       Schmugglern und Menschenhändlern in die Hände spielt und dieses zynische
       Geschäftsmodell auch noch unterstützt, anstatt es zu bekämpfen“, begründete
       dies die CDU-Abgeordnete Lena Düpont.
       
       ## Zurück in den Bürgerkrieg
       
       Bis Donnerstag sind in diesem Jahr im Mittelmeer 1.080 Flüchtlinge und
       MigrantInnen ertrunken. Im September hatten Deutschland und Frankreich eine
       Vorstoß unternommen, um Schiffbrüchigen in der EU aufzunehmen, die vor
       Libyen von privaten NGOs gerettet werden. Der Vorschlag fand aber beim
       letzten Treffen der Innen- und Justizminister [2][keine Resonanz].
       
       Die EU betreibt derzeit keine eigenen Rettungsaktionen im Mittelmeer. Die
       gemeinschaftliche Marinemission „Sophia“ vor Libyen hat kein Mandat zum
       Einsatz mit Schiffen, weil die Mitgliedstaaten sich bislang nicht auf eine
       Verteilung der geretteten Menschen einigen konnten.
       
       In Brandenburg einigte sich SPD, CDU und Grüne in ihrem neuen
       Koalitionsvertrag darauf, jährlich 200 Flüchtlinge aufzunehmen, die aus
       Seenot gerettet wurden.
       
       Unterdessen wurde bekannt, dass Malta offenbar die libysche Küstenwache
       genutzt hat, um Schiffbrüchige aus seiner eigenen Rettungszone zurück nach
       Libyen zu bringen. Das wäre illegal, weil in Libyen Bürgerkrieg herrscht.
       
       ## Hilfe erst nach sieben Stunden – aus Libyen
       
       Der Vorfall ereignete sich nach Angaben der Initiative Alarm Phone bereits
       am vergangenen Freitag. Ein mit 50 Menschen besetztes Boot war demnach etwa
       110 Meilen nördlich von Tripolis in Seenot geraten und hatte gegen 14 Uhr
       einen Notruf abgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Boot bereits
       weit innerhalb der maltesischen Rettungszone. Der nächste sichere Hafen
       wäre die Insel Lampedusa gewesen.
       
       Doch die maltesische Rettungsleitstelle schickte keine Retter. Dafür kam
       nach über sieben Stunden das libysche Patrouillenbott Fezzan und nahm die
       Menschen an Bord. Sie wurden zurück nach Libyen gebracht und kamen nach
       Erkenntnissen des Alarm Phone in das berüchtigte Internierungslager Triq al
       Sikka.
       
       Die Times of Malta bat die Küstenwache Maltas und das Innenministerium in
       Valletta um Stellungnahmen zu dem Fall. Beide äußerten sich nicht. Zu Wort
       meldete sich aber das UN-Flüchtlingswerk UNHCR. Dessen
       Mittelmeer-Beauftragter Vincent Cochetel schrieb auf Twitter, er teile die
       Befürchtungen, dass es sich bei der Aktion um eine Verletzung
       internationalen Rechts handele. Malta habe nicht zum ersten Mal so
       gehandelt, so Cochetel. Gegenüber der Times of Malta sagte Cochetel der
       UNHCR habe eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet. „Das Problem ist,
       dass die Migranten in Libyen von Bord gegangen sind. Das ist sicherlich ein
       Verstoß gegen das Seerecht. Es ist klar, dass Libyen kein sicherer Hafen
       ist.“
       
       25 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
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