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       # taz.de -- Amazonas-Synode im Vatikan: Ein kleiner, bedeutsamer Schritt
       
       > Die Weltbischofssynode hat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für
       > das Ende des Zölibats entschieden – allerdings nur in der
       > Amazonas-Region.
       
   IMG Bild: Papst Franziskus der Eröffnungsmesse für die Amazonas-Synode in der Peterskirche
       
       Man muss vorsichtig sein: Es ging bei der Synode der katholischen Kirche,
       die am Sonntag in Rom endete, nicht vor allem um den Zwangszölibat, sondern
       um die indigenen Völker und ihren Schutz in der Lunge der Welt. Wer anderes
       in den Vordergrund rückt, offenbart tendenziell eine eurozentrische, eine
       neokolonialistische Sicht.
       
       Die Hauptsorge der Amazonas-Völker ist mitnichten, ob sie künftig öfter die
       katholische Messe feiern können, weil man zusätzlich verheiratete Diakone
       zu vollwertigen Priestern machen könnte, die dann auch die Eucharistie mit
       ihnen feiern dürfen. Nein, vielen Völkern am Amazonas geht es viel mehr ums
       schlichte Überleben.
       
       Sie kämpfen gegen die Ausbeutung und Brandrodung ihrer Heimat, des
       Urwalds, durch verbrecherische Unternehmen, Großgrundbesitzer und
       Kleinbauern, die sich durch den protofaschistischen brasilianischen
       Präsidenten Bolsonaro ermutigt fühlen dürfen, so die Lebensgrundlage der
       indigenen Völker zu zerstören.
       
       Dennoch, die Entscheidung in Rom, nun auch einigen verheirateten Diakonen
       die Erlaubnis zur Feier der Eucharistie zu geben, ist ein kleiner Schritt
       zur Lockerung des Zwangszölibats für die Weltkirche mit ihren rund 1,2
       Milliarden Gläubigen. Er ist bedeutsam. Allein die Tatsache, dass dieses
       Schrittchen schon im Vorfeld der Kirchenversammlung zwischen Konservativen
       und Reformern in der Kirche so hart umkämpft war, zeigt, dass alle genau
       wussten: Hier könnte etwas Entscheidendes passieren.
       
       ## Jetzt ist Franziskus am Zug
       
       Der Zwangszölibat ist wie ein Haus aus uralt-speckigen Bierdeckeln: Ein
       paar einzelne Deckel lassen sich herausziehen, ohne dass etwas passiert.
       Wenn es aber zu viele werden, bricht das Haus zusammen. Und das hoffentlich
       bald! Papst Franziskus treibt die Kirche nun schon seit bald sieben Jahren
       voran – nicht so schnell, wie man vielleicht hoffen mag, dafür aber stetig.
       Es liegt nun an ihm. Er muss dem Diakone-Votum der Synode noch zustimmen,
       sonst trifft es nicht in Kraft.
       
       Vor Euphorie also sei, wie immer bei der katholischen Kirche, gewarnt. Aber
       ein Anfang ist gemacht. Der Zwangszölibat ist ein Modell von gestern.
       
       29 Oct 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Philipp Gessler
       
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