# taz.de -- Liberale in Thüringen: Fünf Stimmen über den Durst
> Erst am späten Wahlabend, um 23.50 Uhr, stand fest: Die FDP zieht in den
> Erfurter Landtag ein – nach einer stundenlangen Zitterpartie.
IMG Bild: Kurz nach 18 Uhr war für die FDP die Welt noch in Ordnung
ERFRURT taz | Am Ende waren es nur wenige Stimmen, die der FDP den Einzug
in [1][den Thüringer Landtag] ermöglichten. 55.422 Stimmen erhielten die
Liberalen bei der Landtagswahl – fünf mehr, als für den Sprung über die
5-Prozent-Hürde notwendig waren. Online hatten zahlreiche FDP-Mitglieder
die Zitterpartie durch ständiges Klicken auf die Seite des
Landeswahlleiters verfolgt, auf der die Ergebnisse erneuert wurden. Wegen
eines Feuer-Fehlalarms in Erfurt traf das Resultat des letzten Wahlkreises
erst um 23.50 Uhr ein.
Dabei hatte es um 18 Uhr noch nach einer sicheren Sache für die Liberalen
ausgesehen, zumindest wenn man nur auf die Prognosen des ZDF schaute, das
der FDP sichere 5,5 Prozent zurechnete. FDP-Spitzenkandidat Thomas
Kemmerich bedankte sich auf der Wahlparty schon früh öffentlich bei seinem
Team, für einen kurzen Moment versagte seine Stimme vor Rührung. Später
rutschte die FDP in den Hochrechnungen auch beim ZDF Richtung fünf Prozent,
bei der Live-Auszählung des Landeswahlleiters stand sie nach 22 Uhr auf
4,99 Prozent. Erst die letzten, städtischen Wahlkreise sicherten den Sprung
in den Landtag.
Für die FDP bedeutet dies den ersten Einzug in einen ostdeutschen Landtag
seit 2009. Bei den Wahlen in Sachsen und Brandenburg im August war sie noch
trotz Zugewinnen knapp gescheitert. In Thüringen hatte sie daher diesmal
auf eine Zweitstimmen-Kampagne gesetzt: wer FDP wähle, beende Rot-Rot-Grün.
Für Rot-Rot-Grün hätte es auch ohne den FDP-Einzug nicht gereicht,
stattdessen ermöglicht der Einzug der Liberalen Ministerpräsident Bodo
Ramelow (Linke) paradoxerweise nun eine Möglichkeit mehr zum Überleben:
Wenn er in einer Minderheitsregierung [2][keine Zustimmung der CDU]
bekommt, kann er immer noch die FDP um Unterstützung bitten.
Eine Vierer-Koalition mit Linken, SPD und Grünen schlossen sowohl Kemmerich
als auch FDP-Chef Christian Lindner noch am Wahlabend aus. Sie wäre aus
landes- wie bundespolitischer Sicht für die FDP kaum machbar: Die FDP hatte
in Thüringen eine scharfen Anti-links-Wahlkampf geführt. Generalsekretärin
Linda Teuteberg sprach von der Linken als der „SED und ihren
Nachfolgeorganisationen“. Kemmerich hatte noch vor den Wahlen in einem
Brief an Lindner eine deutliche Abgrenzung von linksliberalen Positionen in
der Partei gefordert.
28 Oct 2019
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DIR Martin Reeh
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