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       # taz.de -- Grüne und Homöopathie: Vorstoß für Fachkommission
       
       > Mehrere Bundestagsabgeordnete werben für eine Kommission mit Ärzten und
       > Homöopathen, um den Streit zu beenden. Die Grünen-Spitze schweigt.
       
   IMG Bild: Wollen keinen Homöopathie-Streit: Grünen-ChefInnen Annalena Baerbock und Robert Habeck
       
       Berlin taz | Grüne Fachpolitikerinnen aus der Bundestagsfraktion werben für
       eine Kommission mit MedizinerInnen und HomöopathInnen, um den
       parteiinternen Streit über Homöopathie beizulegen. Das geht aus einem
       [1][Antrag für den Grünen-Parteitag] im November hervor. Die Grünen müssten
       diskutieren, „was der Wissenschaftsbegriff und die evidenzbasierte Medizin
       bedeutet und wie beides im Kontext der Integrativen Medizin einzuordnen
       ist“, begründen die Abgeordneten ihr Anliegen.
       
       Der Antrag würde also das ganz große Rad drehen: Ging es bei den Grünen
       erst um konkrete Fragen, etwa die, ob homöopathische Mittel von
       Krankenkassen übernommen werden sollten oder nicht, wird es nun etwas
       nebulös. In dem Antrag werden viele Fragen gestellt: „Spiegelt das
       derzeitige Gesundheitssystem die Anforderungen verschiedener
       Patient*innengruppen ausreichend wider?“, heißt es. Oder: „Welche Rolle
       soll künftig die sprechende Medizin einnehmen?“
       
       Unterschrieben haben den Antrag mehrere Bundestagsabgeordnete, darunter zum
       Beispiel Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink oder Kirsten
       Kappert-Gonther. Alle drei befassen sich mit unterschiedlichen Bereichen
       der Gesundheitspolitik. Zur Frage der Kassenfinanzierung von Homöopathie
       positioniert sich der Antrag nicht, lässt aber durchaus Sympathie für diese
       Heilmethode erkennen. Es gebe auch konventionelle Arzneimittel im
       Leistungskatalog der Krankenkassen, „die nicht über einen Placebo-Effekt
       hinaus wirken“ – zum Beispiel etwa die Hälfte der Antidepressiva.
       
       Setzen die Grünen nun wirklich eine Kommission ein, die neu diskutiert, was
       Wissenschaft oder evidenzbasierte Medizin ist? Erfinden sie gar die
       Wissenschaft neu? Das könnte auf ein interessantes Schauspiel hinauslaufen.
       Universitäten und WissenschaftlerInnen haben ja eine eigene Vorstellung von
       ihrem Wissenschaftsbegriff – und werden sich von den Grünen kaum beraten
       lassen. Eine Debatte zwischen SchulmedizinerInnen und HomöopathInnen über
       ihren Wissenschaftsbegriff könnte interessant werden und sich sehr lange
       hinziehen.
       
       ## Erbitterte Härte im Internet
       
       Eigentlich ist der Stand der Wissenschaft klar: [2][„Homöopathische Mittel
       allein wirken nicht gegen die Beschwerden], gegen die sie empfohlen
       werden“, stellt die renommierte Helmholtz-Gemeinschaft fest.
       Homöopathie-Verbände führen allerdings viele Studien an, die das Gegenteil
       beweisen sollen. Der Streit wird im Internet seit Langem mit erbitterter
       Härte geführt. Viele PatientInnen ficht der Stand der Wissenschaft sowieso
       nicht an. Viele Deutsche nutzen die Mittel, die als „sanfte Medizin“
       gelten, gerne, weil sie keine Nebenwirkungen haben.
       
       Die Grünen-Spitze möchte das heikle Thema vom Parteitag fernhalten.
       Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sucht derzeit nach einem Kompromiss
       zwischen Homöopathie-KritikerInnen und -BefürworterInnen. Er wollte sich am
       Mittwoch nicht zu einer möglichen Fachkommission äußern. Bei der
       Kompromisssuche sei „alles im Fluss“, hieß es. Die Sympathien der
       Grünen-Spitze für ein öffentliches Schauspiel mit ExpertInnen dürften aber
       überschaubar sein. Sie hatte vor zwei Wochen ein parteiinternes
       Fachgespräch vorgeschlagen, um den Konflikt runterzudimmen.
       
       Auch die Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt und
       Anton Hofreiter, wollten sich am Mittwoch auf taz-Nachfrage nicht zu dem
       Vorstoß ihrer Abgeordneten äußern. Ob die Grünen es schaffen, ihren
       Homöopathie-Streit vor dem Parteitag gütlich beizulegen, ist offen. Ein
       Kompromiss kann noch bis Mitte November gefunden werden. Dann treffen sich
       die Delegierten in Bielefeld.
       
       30 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://antraege.gruene.de/44bdk/Gruene_Gesundheitspolitik__mit_Verantwortung_und_Weitblick_in_die_Zuku-52867/5989
   DIR [2] https://www.helmholtz.de/gesundheit/wirkt-homoeopathie-wirklich/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
       
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