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       # taz.de -- Unbemannte Flugobjekte: Virtuelle Reise mit Mini-Drohnen
       
       > An winzigen Fluggeräten besteht großes Interesse. Eingesetzt werden sie
       > als Kleinsttransporter oder auch als Drohne bei Feuerwehreinsätzen.
       
   IMG Bild: Mini-Drohnen sind zunehmend auch ein großes Thema beim Militär
       
       Berlin taz | Der Luftraum wird technisch neu erobert. Unbemannte
       Fluggeräte, sogenannte Drohnen, finden im militärischen wie im zivilen
       Bereich wachsende Verbreitung. Die Technologie der Flugtaxis erlebt einen
       Entwicklungsschub. Die stärkste Dynamik gibt es derzeit im Bereich der
       Mini-Drohnen von weniger als 250 Gramm Abfluggewicht, wie sich in dieser
       Woche auf dem ersten „Mini-Summit“ der Kleinst-Hubschrauber im Rahmen der
       [1][Berlin Science Week] zeigte.
       
       Frank Wernecke, Gründer der Berliner DroneMasters Boost GmbH und
       Organisator des Treffens, spricht gerne von der neuen Ära der „vertikalen
       Mobilität“, die jetzt anbreche. Gerade Berlin mit seinem historischen
       Luftfahrtpionier Otto Lilienthal bietet in seinen Augen durch das
       wissenschaftliche Hinterland und die florierende Start-up-Szene „ein
       innovatives Ökosystem, in dem die Technologien und Geschäftsmodelle für die
       Mobilität in der dritten Dimension weiterentwickelt“ werden können.
       
       Sein Hauptaugenmerk gilt der kleinsten Kategorie der Drohnen, die mit ihren
       250 Gramm auf einem Handteller Platz haben und bisher als
       Spielzeugfluggeräte gelten, weshalb sie keiner [2][behördlichen
       Regulierung] unterliegen. Sie müssen nicht anmeldet werden und die Benutzer
       benötigen keinen „Führerschein“, anders ist es bei den größeren Geräten ab
       zwei Kilogramm Gewicht. Dieses einfache Handling verschafft den
       Mini-Drohnen immer mehr Interesse auch außerhalb der Kinderzimmer.
       
       In Berlin zeigten Vertreter der Hamburger Feuerwehr, wie sie als erste
       unter den deutschen Brandbekämpfern die Mini-Copter mit ihren vier Rotoren
       („Quadcopter“) in ihrem Tagesgeschäft einsetzen, das alles andere als ein
       Kinderspiel ist. „Im August haben wir mit dem Einsatz der Mini-Drohnen
       begonnen, größere haben wir schon seit 2013 in der Anwendung“, berichtet
       Franz Petter, der bei der Hamburger Feuerwehr für die strategische Planung
       zuständig ist.
       
       „Der Vorteil der Mini-Drohnen ist, dass wir damit schneller vor Ort sind“,
       sagt Petter. Zweiter Pluspunkt: Mit dem Mini-Flieger und der eingebauten
       Kamera kann man direkt ins Gebäude hineinschauen und suchen, wo die
       Brandherde sind und ob es ohnmächtige Personen gibt. Über eine Datenbrille
       kann der Steuerpilot draußen vor dem Haus virtuell durch die Räume wandern,
       ohne sich selbst zu gefährden. Auch die Lösch- und Rettungsarbeiten können
       viel zielgerichteter ablaufen. Welche weiteren Anwendungsmöglichkeiten es
       für die Feuerwehr, aber auch andere Sicherheitskräfte gibt, soll in den
       nächsten Monaten herausgefunden werden.
       
       ## Neue Geschäftsmodelle
       
       Wie auf der Veranstaltung berichtet wurde, werden Drohnen im
       wirtschaftlichen Bereich zunehmend bei der Inspektion von Gebäuden,
       Windkraftanlagen oder Hochspannungsleitungen eingesetzt. „In der
       Landwirtschaft wird das sogenannte Precision Farming mit der Hilfe von
       Drohnen auf eine vollkommen neue Stufe gehoben, was zum einen die
       Effizienz steigern und gleichzeitig die Nachhaltigkeit erhöhen soll“, heißt
       es in einem aktuellen Whitepaper, das Max Lenz für DroneMasters zum Stand
       der Branche erstellt hat. „Auch der Transport von Gütern, vor allem im
       medizinischen Bereich, kristallisiert sich zunehmend als valides
       Geschäftsmodell heraus.“ In verschiedenen Industriesektoren sei es
       wirtschaftlich derzeit noch nicht sinnvoll, Drohnen einzusetzen. Durch den
       technischen Fortschritt werde sich dies zunehmend wandeln.
       
       Nach Branchendaten wurden allein 2018 rund 633 Millionen Euro in
       Drohnenunternehmen investiert, vor allem in die über 300 Drohnen-Start-ups.
       Der zivile Drohnenmarkt erreichte im gleichen Jahr einen weltweiten Umsatz
       von rund 12,7 Milliarden Euro, wobei die USA und China die größten Märkte
       sind. Es folgen mit großem Abstand Frankreich, Deutschland und
       Großbritannien. Japan liegt im internationalen Vergleich auf Platz sieben.
       Dem Report zufolge wird die Marktnachfrage auf dem deutschen Drohnenmarkt
       aktuell auf fast 520 Millionen Euro geschätzt. „Gleichzeitig ist im
       deutschen Markt ein hohes Wachstum zu erwarten“, heißt es im Whitepaper.
       „Bis 2030 soll die Marktgröße für den kommerziellen und den privaten
       Drohnenmarkt auf 3 Milliarden Euro ansteigen, was einer jährlichen
       Wachstumsrate von 14 Prozent entspricht.“
       
       Die unbemannten Fluggeräte haben neben dem Wachstumscredo auch ein
       ökologisches Versprechen an Bord. Das verdeutlichte eine zweite
       Veranstaltung der Berlin Science Week, die in den Räumen der Berliner
       Niederlassung von Germantech – einem Gründer-„Brutkasten“ von
       Großunternehmen – Beispiele dafür präsentierte, „wie Drohnen uns helfen,
       eine nachhaltigere Zukunft zu schaffen“.
       
       Das spannendste Vorhaben stellte Daniel Cracau vor, Mitarbeiter am Projekt
       AlphaLink. Das Forschungsprojekt an der TU Berlin wandelt sich derzeit in
       ein Technologie-Start-up und heimst einen Gründerpreis nach dem anderen
       ein. Alphalink will eine fliegende Plattform in 20 bis 30 Kilometern Höhe
       bauen, zu der bis zu zehn segelflugartige Flugzeuge miteinander verbunden
       sind. Durch Solarenergie angetrieben, brauchen sie nicht zum Tanken landen
       und können quasi ewig fliegen. Diese „Höhenplattformen“ (engl.
       „High-Altitude Platforms“, HAP) werden laut Cracau seit einigen Jahren als
       kostengünstige Ergänzung zu teuren Satelliten untersucht. „Sie sollen für
       ähnliche Kommunikations- und Überwachungsaufgaben, für die sonst Satelliten
       notwendig sind, eingesetzt werden.“ Der Öko-Effekt reicht in diesem Fall
       bis ins Weltall. Denn dort sammelt sich aus alten Satelliten und ihren
       Überbleibseln ein immer dichter werdender Gürtel aus Weltraummüll an. Was
       der Plastikmüll im Meer, ist der Astroschrott im Orbit.
       
       ## Wettrennen auf der Trabrennbahn
       
       Neue Techniklösungen werden häufig von Begeisterung angetrieben. Deshalb
       engagiert sich Frank Wernecke dafür, die Drohnen-Technik vor allem an die
       Jugend heranzutragen. Über Sommerschulen, die seine DroneMasters-Firma
       zusammen mit dem Technik-Inkubator der Deutschen Telekom, dem hubraum in
       Berlin veranstaltet, will er Jungen und Mädchen spielerisch für die neue
       Flug-Generation gewinnen. 300 Schüler haben bei ihm schon das Fach
       „Drohnen-Pilot“ belegt. Und als weiteren Verbreitungs-Hebel will er den
       Drohnen-Flug als Sport-Event etablieren. Vor vier Jahren hatte Wernecke auf
       der Trabrennbahn in Karlshorst das erste Wettrennen mit ferngesteuerten
       Flugobjekten, gestartet, an dem sich mehr als 50 Hobbypiloten beteiligten.
       Inzwischen hat der Weltluftsportverband (FAI) den Marathon-Flug von Drohnen
       über die Strecke von 42 Kilometer, das „Dronathon“, als offizielle
       Sportdisziplin anerkannt. Der Berliner Summit in den Schöneberger Räumen
       der Telekom diente auch dazu, den Drohnen-Sport in Deutschland
       voranzubringen.
       
       „Wir suchen dazu nach Bildungsträgern als Partner“, sagt Drohnen-Meister
       Wernecke. Und ebenso nach geeigneten Orten für den Flugbetrieb: „Es fehlen
       uns dafür die Sportstätten.“
       
       10 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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