URI: 
       # taz.de -- Studie zu Profit und Klima: Dreht den Ölhahn zu!
       
       > Um ausreichend CO2 zu reduzieren, sollten die Ölkonzerne ihre Produktion
       > um ein Drittel drosseln. Ihre Investitionen müssten steigen.
       
   IMG Bild: Diese Firma trifft es besonders: ConocoPhillips-Tankstelle in Denver
       
       Berlin taz | Beim [1][„Klima-Aktions-Gipfel“ der UN im September] in New
       York präsentierten sich die Ölkonzerne als große Umweltschützer. Die „Oil
       and Gas Climate Initiative“ (OGCI), an der die 13 größten Ölmultis
       beteiligt sind, verkündete, die Industrie werde in Zukunft verstärkt in die
       Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) investieren, den
       klimaschädlichen Methanausstoß reduzieren und einen CO2-Preis
       unterstützen. Die Firmen, so hieß es, seien „der Ambition des Pariser
       Abkommens verpflichtet“.
       
       Wenn sie das ernst meinen, müssten sie ab sofort aber ihre Ölproduktion
       drastisch drosseln, findet eine neue Studie. „Die größten aktiennotierten
       Öl- und Gaskonzerne müssen ihre Gesamtproduktion bis 2040 um ein Drittel
       reduzieren, um ihre Emissionen innerhalb der internationalen Klimaziele zu
       halten und das Eigentum ihrer Aktienbesitzer zu schützen“, lautet das Fazit
       der Untersuchung.
       
       Der [2][Thinktank Carbon Tracker] hat diese Untersuchung vorgelegt, ein
       gemeinnütziges Institut, das sich auf die Energiewirtschaft spezialisiert
       hat. Schon seit 2011 warnen Experten vor „unverbrennbarem Kohlenstoff“:
       Damals rechneten die Experten aus, dass etwa ein Drittel der nachgewiesenen
       Reserven von Kohle, Öl und Gas verbrannt werden dürften, wenn der
       Klimawandel bis 2 Grad gestoppt werden soll.
       
       Nun haben die Forscher diese Rechnung auf einzelne Ölfirmen und ihre
       geplanten Projekte heruntergerechnet. Das Ergebnis: Keine der großen sieben
       privaten Ölfirmen ist auf gutem Wege, ihre Klimaziele bis 2040 unter dem
       Paris Abkommen einzuhalten. Unter den Ölfirmen gibt es dabei große
       Unterschiede, je nach ihren Planungen.
       
       ## ConocoPhillips besonders betroffen
       
       Am härtesten trifft es ConocoPhillips: Der US-Konzern müsste bis 2040
       insgesamt 85 Prozent seiner Produktion einstellen. Auch das Schwergewicht
       ExxonMobil müsste seinen Ausstoß von Öl und Gas um 55 Prozent mehr als
       halbieren. Eni (minus 40), Chevron und Total (jeweils 35 Prozent) müssten
       harte Schnitte machen. Am einfachsten wäre ein klimakompatibler Kurs noch
       für BP (Reduktion um ein Viertel) und Shell (10 Prozent).
       
       „Wenn die Firmen und Regierungen versuchen, alle ihre Öl- und Gasreserven
       zu entwickeln, wird die Welt ihre Klimaziele verfehlen“, warnt Mike Coffin,
       Analyst bei Carbon Tracker und Autor des Reports. Oder die Investitionen in
       der weltweiten Energiewende würden scheitern – oder beides.
       
       Bisher versuche die Industrie, „den Kuchen zu essen und ihn gleichzeitig zu
       behalten“. Ihre Anteilseigner sollen sich in Sicherheit wiegen und sich zu
       den Klimazielen bekennen, während gleichzeitig trotzdem mehr Öl und Gas
       produziert wird. Das aber passe nicht zusammen, kritisiert Coffin.
       
       „Für die meisten bedeutet das: kleiner werden darin, was derzeit ihr
       Kerngeschäft ist“, heißt es in dem Bericht. „Während wir das als besten Weg
       sehen, um die Erträge zu maximieren und die Risiken in der Energiewende zu
       minimieren, wird es einen signifikanten Wandel im Denken der
       Unternehmensführungen erfordern.“
       
       ## Algenbenzin soll helfen
       
       Bislang ist davon nicht viel zu sehen. Die Firmen brüsten sich mit
       effizienter Produktion und neuen Techniken wie Algenbenzin. „Der notwendige
       Wandel, die Billionen von Dollar an Investitionen, wird von den Unternehmen
       mit den nötigen Ressourcen und Größenordnungen kommen“, verkündet etwa
       Shell-Chef Ben van Beurden. Allerdings übernehmen die großen Ölkonzerne
       keine Verantwortung für die CO2-Emissionen, die aus der Verbrennung ihrer
       Produkte entstehen, moniert der Bericht. Zugleich würden sie ihr Geld
       weiter in großen Mengen in die eigentlich unverbrennbaren Kohlenstoffe
       investieren.
       
       Eine Studie des Carbon Disclosure Project fand heraus, dass die großen
       Konzerne seit 2018 rund 50 Milliarden Dollar in Öl- und Gasprojekte
       investiert haben, die sich nicht rechnen würden, wenn das 1,5-Grad-Ziel
       beim Klima gehalten werden soll. Bei den grünen Investments sind die
       Konzerne ebenfalls zurückhaltend. Nur etwa 1 Prozent ihres investierten
       Kapitals fließen derzeit in Erneuerbare. (bpo)
       
       1 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /UN-Klimagipfel-in-New-York/!5625223
   DIR [2] https://www.carbontracker.org/carbon-and-climate-risk-are-we-doing-enough/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Ölindustrie
   DIR fossile Energien
   DIR fossile Energien
   DIR Google
   DIR Autoverkehr
   DIR Saudi-Arabien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Sprache im fossilen Zeitalter: Der Mensch denkt, was er lenkt
       
       Laut WZB bewegen wir uns seit der Coronakrise mehr zu Fuß fort. Zumindest
       sprachlich aber dominieren noch immer die Interessen der Ölindustrie.
       
   DIR Trotz Protesten bei US-Tech-Konzernen: Weiter mit den Ölschleudern
       
       Trotz Protesten von Mitarbeitern und Umweltschützern: Google, Amazon & Co
       wollen weiter mit der Ölindustrie zusammenarbeiten.
       
   DIR Angriffe in Saudi-Arabien: Es gab nie eine Ölkrise
       
       Bei jedem Konflikt im Nahen Osten fürchten die Europäer, dass sich die
       „Ölkrise“ von 1973 wiederholt. Doch so dramatisch war es damals gar nicht.
       
   DIR Drohnenangriff auf Saudi-Arabien: Warum keine neue Ölkrise droht
       
       Nach den Drohnenangriffen in Saudi-Arabien werden Millionen Barrel Öl pro
       Tag auf den Weltmärkten fehlen. Doch ökonomisch ist Entwarnung angesagt.