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       # taz.de -- Proteste im Irak: Bagdad ist lahmgelegt
       
       > Im Irak gehen Sicherheitskräfte gegen DemonstrantInnen vor, deren Unmut
       > sich gegen die gesamte Elite richtet. Dabei werden zwei Menschen getötet.
       
   IMG Bild: Protest auf einem Gerüst in der Innenstadt von Bagdad
       
       Berlin taz | An diesem Wochenende ging in der irakischen Hauptstadt Bagdad
       gar nichts mehr. Nicht auf den Straßen, die DemonstrantInnen mit parkenden
       Fahrzeugen und brennenden Reifen blockierten. Nicht in den Schulen und den
       Verwaltungseinrichtungen, die am Sonntag, eigentlich der erste Arbeitstag
       der Woche in dem mehrheitlich muslimischen Land, ihre Türen geschlossen
       hielten. Die LehrerInnengewerkschaft verlängerte ihren Streik von letzter
       Woche und auch SchülerInnen schlossen sich mit einem Sitzstreik an.
       
       Und nicht auf der Al-Jumariyah-Brücke über dem Tigris, die den Tahrir-Platz
       mit der streng abgeriegelten „Green Zone“ samt den Regierungsgebäuden und
       ausländischen Botschaften verbindet. Dort hatten Sicherheitskräfte
       Barrikaden errichtet, um den Ansturm der DemonstrantInnen zu verhindern.
       Videos in den sozialen Medien zeigen, wie sich einige der Protestierenden
       schließlich unterhalb der Brücke entlanghangeln, um in den abgesicherten
       Bereich zu gelangen.
       
       Die dramatischen Bilder zeigen, dass der seit einem Monat [1][anhaltende
       Protest in Bagdad] und anderen Städten Iraks eine neue Stufe erreicht hat.
       Auch an diesem Wochenende gingen Sicherheitskräfte gewaltsam gegen die
       DemonstrantInnen vor und feuerten unter anderem Gummigeschosse und
       Tränengas-Granaten auf sie. Zwei Menschen starben dabei.
       
       Seit Anfang Oktober wurden rund 250 Menschen getötet und Tausende verletzt.
       Laut Amnesty International verwenden die irakischen Sicherheitskräfte
       Tränengasgranaten, die besonders heftig sind: Sie sollen sogar Schädel
       durchschlagen können.
       
       ## Vorgezogene Wahlen versprochen
       
       Die DemonstrantInnen fordern ein Ende der Korruption und der
       Arbeitslosigkeit im Land. Sie wenden sich mittlerweile gegen die komplette
       politische und religiöse Elite. Zwar hat Präsident Barham Saleh vorgezogene
       Wahlen und ein neues Wahlgesetz versprochen. Ministerpräsident [2][Adel
       Abdel Mahdi] kündigte laut Saleh an, zurückzutreten, sobald ein Ersatz für
       ihn gefunden sei.
       
       Das neue Wahlgesetz soll dem Parlament in der kommenden Woche vorgelegt
       werden. Doch das geht den DemonstrantInnen nicht weit genug – sie wollen
       ein neues politisches System und den „Sturz des Regimes“.
       
       Zum Symbol dafür wurde ein leerstehendes mehrstöckiges Gebäude, das sich
       neben der abgeriegelten Tigris-Brücke befindet und aus der Zeit Saddam
       Husseins stammt. Am Gerüst davor flattern mehrere überdimensionale
       irakische Flaggen, das Innere des Gebäudes haben Dutzende DemonstrantInnen
       erklommen. Man sieht sie an der offenen Fassade sitzen. Von hier aus
       überblicken sie die „Green Zone“ auf der einen Seite, den Sitz der alten
       Machtelite, und die Menschenmassen auf dem Tahrir-Platz auf der anderen
       Seite, die auf tief gehende Veränderungen drängen. (mit afp)
       
       3 Nov 2019
       
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