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       # taz.de -- „Süddeutsche“ zu Anne Will: Journalistische Promikomplexe
       
       > Relevanz, Distanz und Qualitätskriterien? Egal, bei
       > Journalistinnen-Pärchen juckt es den Redaktionen einfach zu sehr in den
       > Fingern.
       
   IMG Bild: Die Gardinen bleiben zu!
       
       Dass die Journalistinnen Anne Will und Miriam Meckel verheiratet sind,
       diese Information ist nicht gerade von großem öffentlichen Interesse. Dass
       sie sich getrennt haben eigentlich auch nicht, trotzdem konnten sich einige
       Redaktionen dann doch nicht verkneifen, zu berichten.
       
       Talkerin Will und Meckel, die Ex-Chefredakteurin der Wirtschaftswoche,
       heute Verlegerin des Magazins Ada, haben Montag kurz und knapp ihre
       Trennung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bekanntgegeben. Wohl
       um anderen Quellen zuvorzukommen und nicht, weil sie unbedingt möchten,
       dass berichtet wird. Dafür spricht das mitgelieferte Statement: „Weiteres
       werden wir hierzu nicht erklären und bitten, unsere Privatsphäre zu
       achten.“ Die dpa versendete pflichtschuldig eine Meldung im Ressort „Leute“
       – Übersetzung: Eigentlich egal, aber irgendwie zu interessant zum
       liegenlassen –, die viele Medien übernahmen.
       
       Man kann sich aber denken, dass es hie und da juckte in den Fingern der
       Newsrooms, doch noch eine richtige Trennungsstory zu bringen. Erlegen ist
       diesem Verlangen (neben den Boulevardblättern) [1][die Süddeutsche, die am
       Dienstag dann doch noch zum „Ehe-Aus“ publizierte].
       
       Dazu muss man wissen, dass Journalist*innen dazu neigen, andere
       Journalist*innen für Promis zu halten, auch wenn sie es gar nicht sind.
       Klar, Anne Will sehen am Sonntagabend mehrere Millionen in der Glotze, da
       kann man drüber reden. Aber eine Chefredakteurin-Verlegerin ist außerhalb
       der Branche kein Promi, so verdienstvoll ihre Arbeit ist. Und ja, die
       Coming-outs der beiden 2007 erschienen in mehreren Illustrierten. Aber
       bleiben wir auf dem Boden: Die Will-Meckels sind nicht gerade die
       Kardashian-Wests.
       
       Trotzdem lässt sich die Süddeutsche zum Starschnitt hinreißen, schreibt
       über die Haarfarben und die „oft konträren, aber dann auch wieder sehr gut
       zusammenpassenden Outfits“ der beiden – und fragt sich, so zum Thema
       „Perfekte Paare“: „Was ging eigentlich ab, wenn mal die Haustür und die
       Gardinen zugezogen waren?“ Und schließt dann damit, dass man eben nichts
       weiß, weil die beiden ihre Privatsphäre gut zu hüten wissen. Auf dem Weg zu
       dieser Nichtinformation hat die Qualitätszeitung aus München aber
       wenigstens mal ordentlich geraunt. Unbefriedigend.
       
       Der Boulevard hätte wenigstens den Anstand besessen, etwas Hanebüchenes zu
       erfinden.
       
       In einer früheren Version dieses Artikels schrieben wir, das Magazin „Ada“
       von Miriam Meckel sei sozialistisch. Das ist natürlich Unsinn. Es gibt,
       bzw. gab zwei „Adas“. Das sozialistische finden Sie demnächst unter
       www.jacobin.de. wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
       
       13 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sueddeutsche.de/panorama/anne-will-miriam-meckel-getrennt-1.4678612
       
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   DIR Peter Weissenburger
       
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