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       # taz.de -- Studie zu Folgen von Klimawandel: Klimakrise, bis der Arzt kommt
       
       > 100 Medizinexperten warnen: Klimawandel ist schlecht für die Gesundheit.
       > Vor allem Kinder sind betroffen.
       
   IMG Bild: Infektionen wie Dengue, Zika oder Chikungunya drohen sich auch in Deutschland auszubreiten
       
       Berlin taz/dpa | „Ausnahmesommer“ wie 2018 und 2019 mit ihren
       Gesundheitsrisiken für Alte, Kranke und Säuglinge könnten bald keine
       Ausnahmen mehr sein: Bis zu fünf zusätzliche Hitzewellen jährlich im Norden
       Deutschlands und 30 weitere Hitzeperioden im Süden pro Jahr seien bis 2100
       möglich, sagt eine [1][Studie der britischen Fachzeitschrift The Lancet]
       voraus, wenn sich am CO2-Ausstoß nichts ändert.
       
       Hitzestress und hohe Ozonkonzentration könnten „[2][schwerwiegende Folgen
       für die menschliche Gesundheit haben]“, warnt die Studie: Hitzschlag,
       Herzinfarkt, Nierenversagen wegen Flüssigkeitsmangel. Am Forschungsprojekt
       „The Lancet Countdown on health and climate change“ arbeiten etwa 100
       Experten, auf deutscher Seite unter anderem von der Bundesärztekammer, der
       Charité Berlin und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
       
       Grundtenor: Mit steigenden Temperaturen und veränderten Niederschlägen
       nimmt auch das Risiko von Infektionskrankheiten zu – in diesem Jahr gab es
       erste Fälle von West-Nil-Fieber in Deutschland, es drohen bislang hier
       unbekannte Infektionen von Dengue, Zika und Chikungunya. Blaualgen und
       Vibrio-Bakterien bedrohen zunehmend die Badegewässer. „Die gesundheitlichen
       Auswirkungen des Klimawandels werden nicht irgendwann in weit entfernten
       Weltgegenden spürbar, sondern hier und heute“, sagte der Präsident der
       Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt.
       
       ## Vor allem Kinder in Gefahr
       
       Für die weltweite Situation warnt der „Lancet Countdown“ besonders vor den
       Gefahren für Kinder durch ein gestörtes Immunsystem, durch Hunger bei
       Ernteausfällen und Infektionen. Ein heute geborenes Kind werde dann mit 71
       Jahren im Schnitt in einer um vier Grad wärmeren Welt leben.
       
       Würde die Erderwärmung dagegen ernsthaft auf 1,5 Grad begrenzt, könnte ein
       Kind in England mit sechs Jahren den Kohleausstieg erleben oder in
       Frankreich mit 21 Jahren den Abschied von Benzin- und Dieselautos, hieß es.
       Mit 31 könnte jeder kohlefreie Luft genießen und miterleben, wie die Welt
       nur noch so viel CO2 ausstößt, wie gleichzeitig durch Pflanzen oder Ozeane
       gebunden wird.
       
       Wie weit die Welt von einem solchen Pfad entfernt ist, zeigt der ebenfalls
       am Mittwoch veröffentlichte [3][Weltenergiebericht der Internationalen
       Energieagentur IEA]. Demnach beginnen die CO2-Emissionen nicht ab 2020 zu
       sinken, wie es für die Klimaziele von 1,5 oder 2 Grad nötig wäre, sondern
       steigen bis 2040 jedes Jahr um 1 Prozent an, selbst wenn die Staaten alle
       bisher versprochenen Maßnahmen umsetzen.
       
       ## Eine große Koalition für den Klimaschutz nötig
       
       Der größte Teil des Wachstums werde zwar aus Ökoenergien und Gas kommen,
       die Emissionen aber dennoch steigen, weil die Wirtschaft und die
       Weltbevölkerung weiter wachsen. Die Ölnachfrage werde ab 2025 nachlassen,
       die USA werden zum größten Exporteur von Öl und Gas werden.
       
       Um die Klimaschutzziele anzupeilen, bräuchte es laut IEA „schnelle und
       weitreichende Veränderungen in allen Teilen des Energiesystems“: dreimal so
       viel Einsatz beim Energiesparen, schnellen Ausbau der Erneuerbaren und
       einen weltweiten Kohleausstieg. „Die Welt muss dringend in den Brennpunkt
       rücken, die Emissionen zu vermindern“, forderte IEA-Exekutivdirektor Fatih
       Birol via Twitter. Nötig sei eine „große Koalition“, die Regierungen,
       Investoren, Unternehmen und alle Klimaschützer vereint.
       
       15 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.lancetcountdown.org/2019-report/
   DIR [2] /Wissenschaftler-warnen/!5642171
   DIR [3] https://www.iea.org/weo2019/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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