URI: 
       # taz.de -- Anzeige gegen Journalistin durch Polizei: „Beschneidung der Pressefreiheit“
       
       > Eine Journalistin wurde in Berlin während des Prozesses um ein besetztes
       > Haus angezeigt – wegen angeblichen Hausfriedensbruchs.
       
   IMG Bild: Großes Polizeiaufgebot: Prozess am 15. November
       
       taz: Frau Frank, was genau ist nach dem [1][Prozesstermin um die Liebig34]
       geschehen? 
       
       Marie Frank: Als ich das Gerichtsgebäude nach der Gerichtsverhandlung
       verlassen wollte, haben mich die anwesenden Polizeibeamten daran gehindert.
       Als ich ihnen meinen Presseausweis gezeigt und mehrfach darauf hingewiesen
       habe, dass ich als Pressevertreterin vor Ort war und den Prozess beobachtet
       habe, wurde mir gesagt, dass das keine Rolle spiele, weil alle Anwesenden
       eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch bekämen. Schließlich könne nicht
       zweifelsfrei bewiesen werden, dass ich nicht an den Störungen beteiligt
       war.
       
       Als ich fragte, ob nicht die Polizisten, die beim Prozess dabei waren, und
       von denen einige in diesem Moment neben mir standen, mich entlasten
       könnten, wurde das verneint. Einer der Polizisten meinte auf Nachfrage,
       dass er sich wegen meiner Tunnel und Piercings an mich erinnern könne, aber
       nicht sagen könne, ob ich beteiligt war oder nicht. Als ich fragte, ob die
       anderen anwesenden Journalisten auch eine Anzeige bekommen, wurde mir
       gesagt, das wisse man nicht. Daraufhin wurde ich zu einem Polizeiauto
       geführt, aufgeklärt, dass ich nun eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch
       bekomme und meine Personalien aufgenommen. Nach etwa einer halben Stunde
       durfte ich gehen.
       
       Es heißt, es wären nur Frauen angezeigt worden? 
       
       Soweit ich es beobachten konnte, wurden ausschließlich weiblich aussende
       Personen festgehalten. Ein (männlicher) Fotograf durfte im Gegensatz zu mir
       sofort gehen, weil er laut Polizei ja offensichtlich nicht beteiligt
       gewesen sei. Ich halte das für einen Skandal. Man stelle sich mal vor, dass
       alle männlichen Journalisten eine Anzeige bekommen, weil sie über etwas
       berichten, im Zuge dessen andere Männer Straftaten begehen und sie dafür in
       Sippenhaft genommen werden. Das ist nicht nur eine [2][Beschneidung der
       Pressefreiheit, sondern auch schlicht diskriminierend].
       
       Halten Sie das Vorgehen der Polizei für einen bewussten
       Einschüchterungsversuch? 
       
       Ich sehe das als Ausdruck einer allgemeinen Tendenz, dass die
       Pressefreiheit von Polizist*innen nicht sonderlich respektiert wird. Ich
       erlebe das immer wieder auf Demonstrationen, über die ich berichte. Ich
       selbst oder Kolleg*innen werden von der Polizei an der Berichterstattung
       gehindert, zum Teil auch mit Gewalt. Dass ich dazu auch noch links aussehe,
       dürfte seinen Teil dazu beitragen. Ich halte das für eine sehr bedenkliche
       Entwicklung. Es kann nicht sein, dass ich aufgrund meines Aussehens oder
       meines Geschlechts an der Berichterstattung gehindert oder strafrechtlich
       verfolgt werde.
       
       Sind Sie beim nächsten Prozesstermin wieder dabei? 
       
       Selbstverständlich. Ich werde mich von staatlicher Repression sicher nicht
       von meiner Arbeit abhalten lassen. Solche Vorfälle führen mir vor Augen,
       wie wichtig eine unabhängige und kritische Berichterstattung ist.
       
       18 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Prozess-um-Hausprojekt-Liebig-34/!5638468
   DIR [2] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1128731.hausprojekt-liebig-pressefreiheit-ade.html?fbclid=IwAR115tA5-diDzX2fv-Tq5Qxr9qMz6Fg2Dazfwqr3CRyP2HPFOzOecPvPPGs
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniél Kretschmar
       
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