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       # taz.de -- Proteste in Georgien: Wohlfeiles Fordern hilft nichts
       
       > Die Regierung geht unverhältnismäßig hart gegen die Demonstranten in
       > Tiflis vor. Aufrufe zur Mäßigung werden die Proteste aber nicht stoppen.
       
   IMG Bild: Maskierter Demonstrant mit einer Fahne vor der Polizeilinie in Tiflis
       
       Der „georgische Traum“ ist jetzt wohl endgültig ausgeträumt. Das
       [1][unverhältnismäßige Vorgehen von Sicherheitskräften] gegen
       DemonstrantInnen, das Verletzte, wenn nicht gar Tote billigend in Kauf
       nimmt, ist nichts anderes als der Versuch der gleichnamigen
       Regierungspartei, sich an die Macht zu klammern. Um jeden Preis.
       
       Dabei hat das Regime bereits mehrfach rote Linien überschritten. Das war
       schon [2][im vergangenen Juni so], als die vorübergehende [3][Inbesitznahme
       des Präsidentensessels] im Tifliser Parlament durch einen russischen
       Abgeordneten wochenlange Proteste auslöste. Bedenkt man, dass [4][der
       Nachbar] 20 Prozent des georgischen Territoriums besetzt hält, war diese
       Reaktion alles andere als überraschend. Nicht weniger provokativ war die
       Ernennung von Giorgi Gacharia zum Regierungschef – jenes Mannes, der als
       Innenminister die Juni-Proteste hatte zusammenknüppeln lassen.
       
       Das Gleiche gilt für das jetzt gebrochene Versprechen, für die
       Parlamentswahl im kommenden Jahr das reine Verhältniswahlrecht einzuführen.
       Warum der milliardenschwere Parteichef des „georgischen Traums“ und
       heimliche Strippenzieher in der Politik, Bidzina Iwanischwili, samt seinen
       Anhängern daran kein Interesse hat, liegt auf der Hand: Die Umfragewerte
       sind so tief im Keller wie lange nicht, und das dürfte sich in absehbarer
       Zeit kaum ändern.
       
       Will heißen: Ein Machtwechsel, der in Georgien immerhin schon mehrmals
       demokratisch vollzogen wurde, würde mit einem reformierten Wahlrecht immer
       wahrscheinlicher.
       
       Sowohl die Europäische Union als auch die USA rufen jetzt beide Seiten zu
       Mäßigung und Dialog auf. Diese wohlfeile Forderung dürfte allerdings kaum
       dazu beitragen, die Lage zu beruhigen. Und zwar so lange nicht, wie diese
       Regierung, in der viele nur mehr die personifizierte Arroganz der Macht
       sehen, den DemonstrantInnen weiter ins Gesicht schlägt. Denn die lassen
       sich nicht mehr einschüchtern, sie werden mit ihren Aktionen weitermachen.
       Und das bis zum (bitteren) Ende.
       
       19 Nov 2019
       
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