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       # taz.de -- Asta-Referent über die Causa Lucke: „Hakenkreuze auf Bürofenstern“
       
       > Nach einer Asta-Kundgebung wurde eine Vorlesung des AfD-Mitgründers Bernd
       > Lucke an der Uni Hamburg verhindert. Nun wird der Asta angefeindet.
       
   IMG Bild: Polizist*innen stehen am 30. Oktober vor dem Hörsaal der Universität Hamburg
       
       taz: Herr Stephan, wie weit darf studentischer Protest gehen? 
       
       Niklas Stephan: Bis er auf die Grenzen der Vernunft stößt. Ziviler
       Ungehorsam kann innerhalb dieser Grenzen liegen, sofern er einem
       übergeordneten Zweck dient und demokratischen Meinungsbildungsprozessen
       zuträglich ist.
       
       Nach Ihrer Kundgebung wurde [1][am 16. Oktober die Vorlesung des
       AfD-Mitgründers Bernd Lucke verhindert]. War das legitim? 
       
       Schon in den 1960er-Jahren gab es Störungen in Hörsälen. Ich finde dieses
       Mittel an sich legitim, aber über den 16. Oktober muss man differenzierter
       reden. Uns freut natürlich, wenn wir mit unserem Protest nicht allein sind.
       Unerfreulich waren jedoch manche Vorkommnisse im Hörsaal: Hypermaskulines
       Verhalten und plumpe Verbalattacken sind nicht unser bevorzugter Ausdruck
       von Protest.
       
       Lucke wurde in diesem Zusammenhang als „Nazi-Schwein“ bezeichnet. 
       
       Ich finde, dass der Begriff ein abgestumpftes Schwert ist, weil er
       inflationär benutzt wurde. Als Nazi muss Lucke meiner Meinung nach nicht
       bezeichnet werden, ein Rechter ist er schon.
       
       Trotz Ihrer Distanzierung gelten Sie als Anstifter, die Vorlesung findet
       nun unter Polizeischutz statt. Haben Sie Geister gerufen, die Sie nicht
       mehr loswerden? 
       
       Wenn der Gründer der größten rechtsradikalen Partei Deutschlands seit der
       NSDAP plötzlich wieder an deiner Uni lehrt, ist es legitim, vom Recht auf
       Versammlungsfreiheit Gebrauch zu machen. Das haben wir als Asta getan. Uns
       deshalb für die regelmäßige Polizeipräsenz auf dem Campus verantwortlich zu
       machen, halte ich für weit hergeholt. Nichtsdestotrotz ist die Anwesenheit
       der Polizei hoch problematisch, da sie mittlerweile auch vollkommen
       unbeteiligte Studierende massiv einschränkt.
       
       Wie tut sie das? 
       
       Aktuell findet Luckes Vorlesung mittwochs in einem Hörsaal der Physik
       statt. Am 6. November meldete sich ein Student aus diesem Fachbereich bei
       mir und erzählte, dass er von sechs Polizisten aus einem anderen Seminar
       gezogen, durchsucht und des Geländes verwiesen worden sei. Grund dafür soll
       die Äußerung „Wir werden die Vorlesung schon nicht stören!“ eines
       Begleiters eine Woche zuvor vor dem Gebäude gewesen sein, wofür beide einen
       Platzverweis erhielten. Dabei wurden auch die Personalien des Betroffenen
       festgestellt. Unklar ist, woher die Polizei wissen konnte, in welchem
       Seminar er sich aufhielt. Er soll nun mittwochs nicht mehr in das Gebäude
       dürfen, sonst drohe ihm Polizeigewahrsam.
       
       Wodurch er nicht an seinen Seminaren teilnehmen kann. 
       
       Genau. Christiane Schneider von der Partei Die Linke hat für uns eine
       Schriftliche Anfrage beim Senat eingereicht. Jetzt heißt es abwarten. Fest
       steht allerdings: Die Polizei hat ihre Kompetenzen massiv überschritten,
       was vor der anstehenden Ausweitung polizeilicher Befugnisse noch mal
       deutlich macht, dass die Polizei Hamburg ein eigenständiger politischer
       Player ist, der über dem Gesetz zu stehen scheint.
       
       Sie haben Hass-Mails bekommen, auf Twitter nennt man Sie Faschisten. Wie
       geht es Ihnen damit? 
       
       Wir waren natürlich fassungslos über den Shitstorm. Besonders überrascht
       waren wir aber von dem Vorwurf, uns einer Nazi-Methodik bedient zu haben.
       Dabei war es Lucke selbst, der dieses Narrativ ins Leben rief, als er am
       16. Oktober noch aus dem Hörsaal heraus gegenüber einer Journalistin sagte:
       „Hier treten junge Menschen in die Fußstapfen der Nazis.“ Dass sich nun
       ausgerechnet der Gründer der AfD selbst mit dieser Äußerung mit jüdischen
       Professor*innen und studentische Proteste mit Nazis vergleicht, ist in
       unseren Augen Geschichtsrevisionismus, der bis heute zu wenig thematisiert
       wurde. Darüber hinaus gab es eine ganze Reihe weiterer beleidigender und
       sehr persönlicher Anfeindungen gegen Asta-Mitglieder. Sogar Hakenkreuze
       wurden in die Fenster unseres Bürotrakts geritzt.
       
       Am 24. Oktober gab es auch eine Bombendrohung gegen die Uni Hamburg. 
       
       Ja, inzwischen kennen wir Teile des Inhalts, dass sie sich gegen die
       „elitären Zecken Penner“ der Universität Hamburg richtete, dessen
       „links-grün versifftes Pack ausgeräuchert“ werden müsse. Unterzeichnet
       wurde sie, wie eine Vielzahl weiterer rechter Drohungen, mit „NSU 2.0“.
       
       Was sind Ihre nächsten Schritte? 
       
       Unser Ziel war eine Aufklärung über Luckes Person und dass eine
       gesellschaftliche Debatte angestoßen wird. Wir wurden davon überrascht,
       dass plötzlich so viel über Meinungsfreiheit und nicht über Luckes Rolle in
       der AfD gesprochen wird. Wir haben uns entschieden, eine
       Veranstaltungsreihe zu organisieren. „Die Causa Lucke“ ist ein Versuch,
       alles ein bisschen zu versachlichen und zu ordnen. Klar ist, dass wir Lucke
       keine weitere Plattform bieten wollen und damit sind wir im Einklang mit
       dem Akademischen Senat.
       
       20 Nov 2019
       
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