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       # taz.de -- heute in hamburg: „Frauen sind eher Gewalt ausgesetzt“
       
       Interview Katharina Gebauer
       
       taz: Frau Hniopek, inwiefern sind obdachlose Frauen unauffällig? 
       
       Andrea Hniopek: Frauen sind oft weniger auffällig, weil das System männlich
       orientiert ist. Es gab lange keine Hilfsangebote ausschließlich für Frauen,
       weil sie im öffentlichen Raum nicht so sehr in Erscheinung treten wie
       obdachlose Männer. Wir nehmen sie auch viel weniger wahr.
       
       Woran liegt das? 
       
       Frauen sind länger in der Lage, ihre Situation zu kaschieren und halten
       ihre Ressourcen beisammen. Sie waschen sich, kümmern sich um sich selbst
       und gehen öfter zum Arzt.
       
       Warum sind sie dennoch besonders gefährdet? 
       
       In der gesamten Gesellschaft sind Frauen eher Macht und Gewalt ausgesetzt.
       Obdachlose Frauen sind gegen diese Gewalt besonders schutzlos. Manche gehen
       Beziehungen mit Männern für ein Dach über den Kopf ein und berichten dann
       meist von Gewalt. Zehn Prozent der obdachlosen Frauen haben zuvor ihre
       Wohnung verlassen, weil sie geschlagen worden sind. 90 Prozent der Frauen
       berichten in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, dass sie bereits Opfer
       von Gewalt geworden sind, oftmals von sexualisierter Gewalt.
       
       Welche Hilfssysteme gibt es denn für obdachlose Frauen? 
       
       Für obdachlose Frauen gibt es derzeit leider weniger Hilfe als für Männer.
       Es sollte mehr gemischt-geschlechtliche Einrichtungen mit einem geschützten
       Raum für Frauen geben. Zudem brauchen wir mehr niedrigschwellige Angebote
       und spezielle Beratungsstellen.
       
       Wie kann man den Frauen noch helfen? 
       
       Man kann den Frauen helfen, in dem man ihre Situation wahrnimmt und diese
       akzeptiert. Man sollte dann auch Konsequenzen daraus ziehen. Man sollte
       sich also beispielsweise überlegen, wofür sich die Frauenbeauftragte in der
       Politik stark machen und worüber sie diskutieren sollte. Zudem sind die
       Einrichtungen, die sich um obdachlose Menschen kümmern, auf Spenden
       angewiesen. Dazu gehört etwa auch das neue Containerprojekt für Frauen der
       Caritas.
       
       Was ist das genau für ein Projekt? 
       
       Zehn Frauen bekommen einen Platz in der Containereinrichtung, davon sind
       bis zu fünf Plätze für Transfrauen bestimmt. Diese haben es aufgrund ihres
       sozialen Verständnisses als Frau schwer, überhaupt eine Einrichtung zu
       finden. In Männereinrichtungen befinden sie sich meist in ihrem
       Wandlungsprozess, die Brüste wachsen, die Stimme verändert sich und sie
       werden dort bereits als Frauen wahrgenommen. Das Projekt ist außerdem für
       Frauen offen, die etwa aufgrund von Suchproblematiken in anderen
       Einrichtungen sonst nicht aufgenommen werden.
       
       22 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Gebauer
       
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