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       # taz.de -- Mutmaßlicher Rechtsterrorist: Neue Details im Fall Franco A.
       
       > Ein Gerichtsbeschluss gibt Einblick in die Gedanken des Soldaten. Das
       > Bild verfestigt sich: A. ist überzeugter Nazi und hatte vor, zu töten.
       
   IMG Bild: Mal wieder ein Einzelfall: Franco A. ist mittlerweile vom Dienst bei der Bundeswehr suspendiert
       
       Berlin taz | Was hatte Franco A. vor, Oberleutnant der Bundeswehr und
       Prepper? Wollte er einen Terroranschlag begehen und hochrangige Politiker
       und andere Personen ermorden, die er als Gegner sah? Diese Fragen stellen
       sich, seitdem der heute 30-Jährige Anfang 2017 erwischt wurde, als er auf
       dem Wiener Flughafen eine Pistole aus einem Versteck holen wollte. Dazu kam
       noch heraus, dass er zur gleichen Zeit unter der Identität eines syrischen
       Asylbewerbers lebte. Die Tarnung eines Terroristen?
       
       Am Dienstag wurde nach einem langen Instanzenstreit bekannt, dass sich
       Franco A. [1][nun doch wegen der „Vorbereitung einer schweren
       staatsgefährdeten Gewalttat“ vor Gericht verantworten muss.] Der jetzt
       veröffentlichte [2][Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. August] gibt
       neue Einblicke in die Gedankenwelt und Pläne des mutmaßlichen
       Rechtsterroristen, der sich im Netzwerk um den KSK-Soldaten „Hannibal“
       bewegte. Die meisten entlastenden Erklärungsansätze, die die Verteidigung
       nach Anklageerhebung vorgebracht hatte, werden darin zurückgewiesen.
       
       Wollte Franco A. wirklich unter der Legende des syrischen Flüchtlings David
       Benjamin Anschläge begehen? Bei diesem wohl seltsamsten Aspekt des Falls
       brachten die Nachermittlungen des Generalbundesanwalts offenbar nichts
       Neues zutage. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hält das in seinem
       Beschluss aber auch nicht für die entscheidenden Frage. Ebenso wenig die,
       was Franco A. mit der in Wien sichergestellten Pistole vorhatte. Denn es
       reichten viele weitere Erkenntnisse für einen hinreichenden Tatverdacht.
       
       Franco A.s rechtsextreme Gesinnung hatte er schon in seiner 2013
       geschriebenen Masterarbeit erkennen lassen, die durchtränkt ist mit
       antisemitischen Verschwörungstheorien. In dem Gerichtsbeschluss werden nun
       weitere Äußerungen zitiert: „Mein Glaube ist mein Deutschtum“, „Israel
       regiert die USA“ oder „Hitler steht über allem“. Bei ihm seien Bücher wie
       „Mein Kampf“ oder „Die Wehrmacht – Der Freiheitskampf des Großdeutschen
       Volkes“ aus dem Jahr 1940 gefunden worden. Ebenso CDs mit
       nationalsozialistischen Liedern.
       
       ## A. lehne die Bundesrepublik ab, stellt das Gericht fest
       
       „Das demokratische System der Bundesrepublik Deutschland lehnte der
       Angeklagte ab“, stellt das Gericht fest. Er halte es für richtig, den
       bestehenden Staat zu zerstören, ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz. In dem
       Beschluss werden einige Verschwörungstheorien aufgeführt, denen Franco A.
       offenbar anhing: Dass die Parteien Demokratie nur vortäuschten und die
       wahren Entscheidungsträger unentdeckt blieben. Dass das Freiheitsstreben
       der eigenen Bevölkerung mit Hilfe der Polizei und der Nachrichtendienste
       unterdrückt werde.
       
       Seine politischen Gegner hat Franco A. demnach in einer im Februar 2016
       erstellten Audiodatei als „Schweine“ bezeichnet, „die ihn und seine
       Gesinnungsgenossen umbringen würden, wenn sie sich in den Weg stellen
       würden“. Deshalb müsse man ihnen zuvorkommen. Franco A. wird gemäß der
       Aufnahme zitiert: „Ich weiß, du wirst mich ermorden, ich ermorde dich
       vorher.“
       
       Spätestens ab 2015 habe Franco A. dann ernsthaft die Anwendung von Gewalt
       verfolgt. So habe er etwa die Sprengung eines Gedenksteins für die jüdische
       Familie Rothschild in Frankfurt am Main in Betracht gezogen, die Befreiung
       einer Holocaust-Leugnerin oder die „Zersetzung“ der „Antifa“ durch
       inszenierte Angriffe. Es sollte auch ein Asylbewerber dazu gebracht werden,
       eine Granate auf eine Gruppe der Antifa zu werfen. Ein Terrorist, so wird
       er zitiert, sei ein „Freiheitskämpfer zur Herstellung einer gerechten
       Welt“.
       
       Und mutmaßlich wollte Franco A. auch Menschen ermorden, die er als
       politische Gegner sah und deren Haltung zu Geflüchteten ihm missfiel. Schon
       länger sind die Namen von Personen bekannt, die er womöglich als Opfer
       auserkoren hat. Neben dem damaligen Außenminister Heiko Maas (SPD) und der
       Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) soll er auch die Vorsitzende
       der Amadeu-Antonio-Stiftung, Annetta Kahane, im Blick gehabt haben. Sie ist
       ein großes Feindbild unter Rechtsextremen.
       
       ## Zielübung mit Sturmgewehr
       
       Es war bereits bekannt, dass Franco A. am 22. Juli 2016 die Tiefgarage der
       Stiftung in Berlin ausspähte und Autokennzeichen fotografierte. Das Gericht
       stellt dies nun in einen zeitlichen Zusammenhang zu anderen Ereignissen.
       Drei Tage nach dem Ausspähen der Tiefgarage hat er sich demnach um
       Ersatzteile für eine Pistole gekümmert. Am Folgetag unternahm er
       Schießübungen mit einem G3-Gewehr inklusive Zielfernrohr, was laut Gericht
       darauf hindeutet, „dass er um einen präziseren Umgang mit der Waffe bemüht
       war“. Eine entsprechende Montageschiene zur Befestigung hatte er sich im
       April besorgt. Die Pistole, die später in Wien gefunden wurde, soll er
       wahrscheinlich auch in diesen Tagen in Paris gekauft haben, am 28. Juli
       2016.
       
       Dass Franco A. Annetta Kahane lediglich zu einem Gespräch treffen wollte,
       hält das Gericht für unglaubwürdig. Die Sachlage spreche mit hinreichender
       Wahrscheinlichkeit dafür, „dass der Angeklagte sich bereits konkret mit
       einer möglichen Methode der Tatbegehung befasste und einen möglichen Tatort
       in den Blick nahm“.
       
       Zu einem Anschlag ist es dann bis zu Franco A.s Festnahme nicht gekommen.
       Das war der wesentliche Grund dafür, dass das Oberlandesgericht Frankfurt
       im Juni 2018 keinen hinreichenden Tatverdacht für Terror gesehen hatte. Das
       sieht der Bundesgerichtshof nun deutlich anders. Es komme nicht darauf an,
       für wann er die Tat geplant hatte, sondern ob. Es sei eine Vielzahl von
       Gründen denkbar, „die Tat, zu der er fest entschlossen war, noch nicht zu
       begehen“.
       
       21 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rechtsextremer-Bundeswehrsoldat/!5638905
   DIR [2] http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=15889ab6bda2c6e0a341dd8deef65b17&nr=101399&pos=0&anz=1
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Erb
       
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