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       # taz.de -- Einbruch im Grünen Gewölbe in Dresden: 'ne Nummer kleiner?
       
       > Die „Bild“ spricht nach dem Diebstahl in Dresden vom „größten Kunstraub
       > aller Zeiten“. Da fallen uns aber größere ein.
       
   IMG Bild: Aus dem Juwelenzimmer im Grünen Gewölbe wurden am Montag Ausstellungsstücke geklaut
       
       Seit am frühen Montagvormittag bei einem [1][Diebstahl im Juwelenzimmer des
       Grünen Gewölbes] in Dresden mehrere Objekte entwendet wurden, ist die
       Republik in Aufruhr. „Nicht nur die Staatlichen Kunstsammlungen wurden
       bestohlen, sondern wir Sachsen“, erklärte beispielsweise der sächsische
       Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) und fügte hinzu: „Das ist ein
       Anschlag auf die kulturelle Identität Sachsens!“
       
       Zwar sind die wichtigsten Fragen offen: Über die Täter war zu
       Redaktionsschluss dieses Textes Dienstagnachmittag ebenso wenig bekannt wie
       über den Schaden. Die Generaldirektorin der Kunstsammlung Dresden will sich
       nicht auf eine Zahl festlegen lassen. Trotzdem reimte sich die Bild-Zeitung
       schon Dienstagfrüh auf [2][ihrer Titelseite] zusammen: „So lief der größte
       Kunstraub aller Zeiten!“
       
       Woran dieser Superlativ gemessen wird, ist unklar. Legt man den materiellen
       Schaden zugrunde? Die Gewieftheit der Täter? Den Schmerz der Sachsen? Wie
       dem auch sei, man muss nicht lange suchen, um Diebstähle zu finden, die den
       Titel „größter Kunstraub aller Zeiten“ vielleicht eher verdient hätten. Es
       reicht ein Blick in die jüngere deutsche Geschichte.
       
       Nehmen wir den Kolonialismus. Deutschlands Zeit als kolonisierendes Land
       war zwar vergleichsweise kurz, aber während dieser Zeit hat sich auch
       Deutschland an [3][kolonialen Aneignugsprozessen] beteiligt oder davon
       profitiert. Es behält bis heute Kunst, die geraubt wurde – nicht immer
       direkt von Deutschen, aber Deutschland ist in vielen Fällen Nutznießer. Im
       [4][Humboldt Forum], das 2020 in Berlin eröffnet wird, werden zum Beispiel
       179 Objekte aus dem ehemaligen Königreich Benin stehen, die der Raubkunst
       zumindest verdächtig sind.
       
       Oder nehmen wir den Nationalsozialismus. Weil während der NS-Diktatur die
       jüdische Bevölkerung vertrieben und deportiert wurde, mussten viele dieser
       Familien Kunstwerke aus ihrem Besitz billig verkaufen oder ganz
       zurücklassen. Schätzungen zufolge sollen so etwa 600.000 Objekte von den
       Nazis geraubt worden sein. Immer wieder tauchen neue [5][Kunstwerke aus der
       NS-Zeit] auf, zuletzt zum Beispiel das in einem New Yorker Kunstmuseum
       ausgestellte Gemälde „Winter“ des Künstlers Gari Melchers. Dass die
       Kunstbestände der deutschen Bundesregierung noch etwa 2.500 während der
       NS-Zeit geraubte Werke enthalten, [6][berichtete] übrigens im Januar die
       Bild.
       
       26 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Einbruch-im-Gruenen-Gewoelbe-in-Dresden/!5644411
   DIR [2] https://twitter.com/AKProvenienz/status/1199220845044019200
   DIR [3] /Wie-umgehen-mit-dem-kolonialen-Erbe/!5550165
   DIR [4] /Debatte-ums-Humboldt-Forum/!5455513
   DIR [5] /Restitution-eines-NS-Raubkunst-Gemaeldes/!5561054
   DIR [6] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/deutschland-hat-noch-immer-nazi-raubkunst-2500-werke-ungeklaert-59452278.bild.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simon Sales Prado
       
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