URI: 
       # taz.de -- Staatlich gefördertes Doping: „Putin muss eingreifen“
       
       > Eine Kommission der Wada empfiehlt, Russland von Olympia 2020 und 2022
       > auszuschließen. Auch Fußball-EM-Spiele sollten dort nicht stattfinden.
       
   IMG Bild: Müssen die Russen weiter mit neutraler Flagge auflaufen? Hier in Pyeongchang im Olympiastadion
       
       Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) ist in die Offensive gegangen.
       Eigentlich waren die Empfehlungen ihrer Prüfkommission, wie man mit den
       Täuschungsversuchen des russischen Sports umgehen solle, als Grundlage für
       die Wada-Entscheidung am 9. Dezember auf der Sitzung in Paris und nicht für
       die Öffentlichkeit gedacht. Weil jedoch einige Inhalte bereits über die
       Medien verbreitet wurden, entschloss man sich [1][für die Offenlegung] des
       durchaus spektakulären Papiers.
       
       Denn folgt die Wada den Empfehlungen, dann wird Russland unter anderem in
       den nächsten vier Jahren das Startrecht unter ihrer Flagge bei den
       Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio, bei den Winterspielen 2022 in
       Peking verwehrt und die russische Anti-Doping-Behörde Rusada würde erneut
       gesperrt werden. Zudem würde Russland das Gastgeberrecht großer Sportevents
       entzogen werden. Konkret würde das beispielsweise heißen, dass St.
       Petersburg im kommenden Jahr als Austragungsort der
       Fußball-Europameisterschaft gestrichen werden müsste. Die qualifizierte
       russische Fußballnationalmannschaft müsste zumindest bei den Spielen auf
       jegliche nationale Symbolik wie Fahne und Hymne verzichten.
       
       Dazu und zum möglichen Komplettausschluss Russlands hielt sich die
       Europäische Fußball-Union am Dienstag bedeckt. Anfragen wurden mit dem Satz
       beantwortet: „Zum jetzigen Zeitpunkt möchte die Uefa das nicht
       kommentieren.“
       
       Die Fußballfunktionäre zeigten sich im Vorfeld der WM 2018 mit ihren
       russischen Kollegen stets solidarisch, obwohl einige von ihnen unter großer
       Bedrängnis standen. Die Fifa etwa stützte damals den Fifa-Funktionär,
       WM-Cheforganisator und russischen Sportminister Witali Mutko, auch nachdem
       das IOC über ihn eine lebenslange Sperre verhängte wegen seiner
       Verstrickungen in das staatlich gestützte Dopingsystem.
       
       ## Manipulierte Daten
       
       Noch kann die Uefa auf Zeit spielen. Zwar ist es wahrscheinlich, dass die
       Wada den Empfehlungen ihrer Prüfkommission folgt, doch dann kann die Rusada
       vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS Protest einlegen. Dort würde
       das endgültige Urteil gesprochen werden.
       
       Von den Olympischen Spielen wurde Russland bereits 2018 ausgeschlossen. Nur
       ausgewählte Athleten durften bei den Winterspielen in Pyeongchang unter
       neutraler Flagge starten. Auf die eigene Fahne mussten die Russen bereits
       bei der Eröffnung der Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro verzichten. Grund
       war der McLaren-Report, der das staatlich geförderte Dopingsystem in
       Russland offenlegte. [2][Im September 2018] wurde dem russischen
       Sportsystem die Rehabilitation unter der Bedingung in Aussicht gestellt,
       dass man die Moskauer Doping-Daten aus den Jahren 2012 bis 2015 sowie
       gelagerte Proben an die Wada übergibt.
       
       Wie die Prüfkommission der Wada nun in ihrem Schreiben festhält, sind diese
       Daten teils beseitigt, teils vielfach manipuliert worden. Man hat sie mit
       einem Datensatz abgeglichen, den die Wada 2017 von einem Whistleblower
       bekommen hat. Außerdem spricht die Prüfkommission davon, dass „gefälschte
       Beweise platziert“ worden seien, um den früheren Leiter des
       Antidopinglabors in Moskau und Kronzeugen Grigori Rodtschenkow als Betrüger
       zu denunzieren.
       
       Als Wiederholungstäter wird der russische Sport wohl kaum von noch härteren
       Sanktionen verschont bleiben. Fast schon ein wenig verzweifelt wirkte der
       von Rusada-Chef Juri Ganus formulierte Wunsch: „Präsident Putin muss
       eingreifen. Ehrlicherweise warte ich darauf.“ Und Ganus stellte fest: „Wir
       stürzen in eine neue Phase von Russlands Dopingkrise. Das ist die
       Realität.“
       
       Bereits im Oktober hat sich Ganus gegenüber dem Deutschlandfunk überrascht
       gezeigt über die von der Wada verifizierten russischen Manipulationen. Er
       erklärte: „Als ich die Dokumente erhalten habe, war ich schockiert. Denn
       die Anzahl und der Umfang dieser Änderungen sind unglaublich.“ Auf die
       Frage nach der Urheberschaft mutmaßte Ganus: „Diese Person besitzt eine
       wirklich hohe Machtposition.“
       
       26 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.wada-ama.org/en/media/news/2019-11/wada-compliance-review-committee-recommends-series-of-strong-consequences-for
   DIR [2] /Russische-Behoerde-wieder-zugelassen/!5537349
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
       ## TAGS
       
   DIR Russland
   DIR Doping
   DIR Wada
   DIR Anti-Doping-Agentur
   DIR Anti-Doping-Agentur
   DIR Kolumne Frühsport
   DIR Kolumne Russisch Brot
   DIR Frauen-WM 2019 
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Russland von Weltsport ausgeschlossen: Weltspitze im Doping
       
       Der russische Sportbetrug im Jahr 2019 ist ein Erbe der Sowjetunion. Die
       Wada tut gut daran, das zu bekämpfen.
       
   DIR Wada-Entscheidung zu russischem Doping: Russland vier Jahre ausgeschlossen
       
       Die Welt-Antidoping-Agentur verbietet Russland die Teilnahme an den
       Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften unter eigener Flagge.
       
   DIR Leichtathletik-WM ohne Russland: Glänzen in Katar
       
       Der Leichtathletik-Weltverband kann vor der WM in Doha mit einer klaren
       Haltung gegen Doping punkten. Ein Glücksfall in einer komplizierten Lage.
       
   DIR Doping in Mordwinien: Kraft der Kartoffel
       
       Kaum eine Stadt hat so viele Dopingsünder hervorgebracht wie Saransk. Dort
       glaubt man an die Wunderwirkung des heimischen Erdapfels.
       
   DIR ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt: „Mehr Kontrolle von außen“
       
       Der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt über die aktuelle WM, die Vergabe an
       Katar, diverse Substanzen und seine Entscheidung, nicht nach Russland zu
       fahren.