URI: 
       # taz.de -- Bürgermeisterin des sächsischen Arnsdorf: Erfolgreich herausgemobbt
       
       > Nach Jahren rechter Bedrohungen tritt die SPD-Bürgermeisterin von
       > Arnsdorf zurück. Bei Neuwahlen könnte ein AfDler ins Amt gewählt werden.
       
   IMG Bild: „Man merkt, wie das rechte Gedankengut überall (…) Blüten treibt“, sagt Martina Angermann
       
       Achtzehn Jahre lang war Martina Angermann (SPD) Bürgermeisterin des kleinen
       Städtchens Arnsdorf in Sachsen. Am Donnerstag trat die 61-Jährige von ihrem
       Amt zurück. Am gleichen Tag wurde bekannt, dass sie von der örtlichen AfD
       wegen Verleumdung angezeigt wurde. Angermann hofft, dass nun Ruhe einkehrt.
       „Ich will nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen“, sagt sie.
       
       Martina Angermann bekam 2016 bundesweite Aufmerksamkeit. Das hängt mit
       einem Vorfall in einem Arnsdorfer Supermarkt zusammen, als vier Männer der
       örtlichen Bürgerwehr einen Iraker an einen Baum fesselten. Der
       Staatsanwaltschaft lag ein Video der Tat vor, dennoch wurde der Prozess vor
       dem Amtsgericht Kamenz wegen geringfügiger Schuld eingestellt.
       
       Angermann verurteilte die Tat damals öffentlich. Ab diesem Zeitpunkt
       [1][wurde sie zur Zielscheibe für Mobbing, rechte Hetze und Drohungen].
       Schon im Wahlkampf 2015 war sie schikaniert worden, doch mit der
       Aufmerksamkeit kamen nun auch Hassmails und Morddrohungen dazu. Im Februar
       2019 ließ sich Angermann wegen Erschöpfung vom Amtsarzt krankschreiben. Sie
       hatte das Gefühl, keinen Rückhalt zu haben, sagte sie der taz.
       
       Detlef Oelsner war im Wahlkampf 2015 für die CDU gegen sie angetreten und
       hatte verloren. [2][Oelsner ist einer der Tatverdächtigen von 2016] und
       heute Mitglied der AfD. Er ist es auch, der Angermann wegen Verleumdung
       anzeigte: Sie hatte ihn in einem Interview weiterhin mit der Tat vor dem
       Supermarkt in Verbindung gebracht.
       
       Oelsner war auch an einem Antrag der AfD auf Abwahl von Angermann
       beteiligt, der am Donnerstag vom Gemeinderat entschieden werden sollte. Mit
       ihrem Rücktritt kam Angermann dem zuvor. Oelsner könnte bei den Neuwahlen
       im kommenden Frühjahr der neue Bürgermeister von Arnsdorf werden.
       
       ## „In Arnsdorf eskaliert es“
       
       Angermann hatte bereits im Oktober einen Antrag auf vorzeitige Versetzung
       in den Ruhestand eingereicht. „Es ist nicht absehbar, wann ich wieder
       gesund werde. Das will ich dem Ort nicht zumuten“, erklärt sie. Es gebe im
       Ort viele Leute, die hinter ihr stünden. Sie tun dies nur nicht offen,
       „weil sie Angst haben“, sagt sie. „In Arnsdorf eskaliert es, aber man
       merkt, wie das rechte Gedankengut überall in anderen Kommunen und auch in
       der Stadt Dresden Blüten treibt“.
       
       Seit den Ereignissen am Donnerstag spürt Angermann erstmals öffentlichen
       Rückhalt der Landespolitik. Von dieser fordert sie Handlungen, um
       Internetmobbing und Bedrohungen Einhalt zu gebieten. „Es kann nicht sein,
       dass wir Freiwild sind“, sagt sie. Wir – damit meint Angermann sich und
       andere Lokalpolitiker*innen, die zusammenstehen müssten. Fragt man sie
       nach ihren Zukunftsplänen, sagt sie: „Ich hoffe, ich habe nächste Woche
       Zeit mein Haus zu schmücken, damit ich mich im Advent wohl fühlen kann.“
       Aus der Neuwahl des Bürgermeisters in Arnsdorf wird sie sich heraushalten.
       
       23 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Buergermeisterin-ueber-rechtes-Mobbing/!5629068
   DIR [2] /Rassismus-in-Sachsen/!5309689
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pia Stendera
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Schwerpunkt Wie umgehen mit Rechten?
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Sachsen
   DIR AfD Niedersachsen
   DIR Rügen
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR AfD Sachsen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rücktritt wegen rechter Hetze: „Massivste Bedrohungen“
       
       Der niedersächsische SPD-Kommunalpolitiker Arnd Focke tritt als
       Bürgermeister von Estorf zurück. Die Anfeindungen überschritten jedes
       erträgliche Maß.
       
   DIR Ein 19-Jähriger für das bunte Rügen: Die größte Demo seit dem Mauerfall
       
       Marvin Müller bringt im Ostseebad Binz über 600 zum Protest gegen die AfD
       auf die Straße. Es ist dort der erste Protestzug seit Jahrzehnten.
       
   DIR Reden und Schweigen 30 Jahre nach 1989: Gemeinsam dagegen
       
       Zu viele Menschen im Osten reden über Neonazis und Rassismus so, als ob das
       alles gar nicht existierte. Es ist aber notwendig, den Mund aufzumachen.
       
   DIR Bürgermeisterin über rechtes Mobbing: „Jetzt stehst du ganz alleine da“
       
       Martina Angermann (SPD) wurde von Rechten gemobbt, bis sie krank wurde.
       Wenn sie aufgibt, könnte die AfD im sächsischen Arnsdorf zum Zug kommen.