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       # taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Der Heptaeder der Yasmine d'Ouezzan
       
       > Künstler Saâdane Afif knüpft Geschichten um eine Billiardmeisterin, auch
       > gemeinsam mit Katja Schlegel. Die taz sprach mit der Modedesignerin.
       
   IMG Bild: Das Portrait der Yasmine d'Ouezzan im Zentrum der Installation von Saâdane Afif bei Mehdi Chouakri
       
       Zunächst scheint es zwischen den Dingen in der Galerie von Mehdi Chaouakri
       keinen Zusammenhang zu geben: Ein großformatiges Portrait einer Dame, eine
       Vitrine mit geometrischen Figuren, ein Flachbildschirm, der in 49
       englischen Übertiteln ein Theaterstück abspult, sieben Sitzpolyeder.
       
       Doch zwischen ihnen zieht Saâdane Afif Linien. Da gibt es etwa die
       mathematische, die in der wiederkehrenden Zahl Sieben zu finden ist. Da ist
       die der Formen, die zwischen den Figuren der Vitrine und den Stühlen –
       eigentlich geometrische Überzeichnungen eines Designs von Minimal Artist
       Donald Judd – zu legen ist.
       
       Und alle laufen in der Person der Yasmine d'Ouezzan zusammen, Tochter eines
       Marrokkaners und einer Französin, Starlet der 1930er-Jahre und erste
       Billiardmeisterin Frankreichs. Yasmine d'Ouezzan nutzte den Kolonialimus
       ihrer Zeit, um eigene Mythen um ihre exotische Identität zu entwickeln.
       
       Um sie spinnt nun Saâdane Afif einen ganzen Kosmos aus Fiktion und
       Realität, historischer Aufarbeitung und Kreativität. Sie ist Hauptfigur im
       übertitelten Theaterstück, das niemals aufgeführt wurde, für dessen
       Charaktere Saâdane Afif aber gemeinsam mit der Modedesignerin Katja
       Schlegel (s.u.) bereits eine Modekollektion entworfen hat.
       
       Schlegel ist wie der Autor des Stücks Thomas Clerc eine von vielen
       Künstler:innen, die Afifs Figuren und Formen weiter verflechten. Figuren
       und Formen, die einen schließlich selber umwickeln, wird man in der Galerie
       zur stillen Darsteller:in auf der Bühne oder läuft man vielleicht zufällig
       an Schlegels Shop mit der Kollektion vorbei.
       
       Einblick (801): Katja Schlegel
       
       taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt?
       Und warum?
       
       Katja Schlegel: Ganz ehrlich? Die kleine Wanderung gestern um den Hellsee:
       Die Natur, der Wald und die Gerüche dessen sind für mich immer das größte
       Wunder. Im Moment ist der Himmel dicht-grau, der Boden rotbraun von den
       herunterfallenden Buchenblättern. Und die Birken flashen in grellem Gelb,
       moosiges Grün dazwischen. Stille. Alles steht auf Rückzug.
       
       Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen? 
       
       Ich gehe nur ab und an aus. Wenn, dann mal ins Berghain (ja, gähn!), wenn
       da ein/e befreundete/r Künstler/in spielt: Abtauchen in eine Parallelwelt,
       so laut, dass es im Körper wackelt. Ansonsten kann ich nur empfehlen, mal
       wieder mit Freunden die Rocky Horror Picture Show nachzuspielen: Kostüm,
       Make-up, Requisiten, Tanzen, Singen, in andere Rollen schlüpfen.
       
       Welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag? 
       
       Im Moment lese ich „Brüder“ von Jackie Thomae. Ein Roman über Brüder, die
       nichts voneinander wissen. Wie werden wir zu den Persönlichkeiten,die wir
       sind? Ost-West-Gesellschaft, Rassismus, Gender. Leicht und tief. Neben der
       Badewanne liegt all-time favorite Benjamin von Stuckrad-Barre.
       
       Was ist dein nächstes Projekt? 
       
       Mich mit meinen zwei Strickmaschinen zu beschäftigen. Neue Technik, neue
       Welt: Wie kann ich Strick in die „Starstyling“-Designs integrieren ohne
       Strickdesign zu machen? Eingehender über die Sinnhaftigkeit von Mode,
       Trends, Bewegungen nachdenken. Was kann ich in meinem Umfeld Sinnvolles
       leisten, ohne die Freude daran zu verlieren?
       
       Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten
       Freude? 
       
       Das Erdnussbutterbrot mit Sauerkirschmarmelade am Morgen (nur die eine
       Erdnussbutter aus Holland: „Calve“ Pindakaas!). Der Geruch in meinem
       Atelier: eine Mischung aus Wolle, Maschinenöl, Farbe und Räucherstäbchen.
       
       28 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
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