# taz.de -- R2G macht Kassensturz: Bremen weiter klamm
> Die Sanierungsjahre sollten eigentlich vorbei sein, aber die Beratungen
> über den Haushalt zeigen: Bremens finanzielle Spielräume sind minimal.
IMG Bild: Muss mit wenig Geld auskommen: Der Bremer Senat samt Finanzsenator Dietmar Strehl (ganz links)
Bremen taz | Bremens neuer Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) sieht die
Lage gelassen. „Es gibt immer mehr gute Ideen als finanziellen Spielraum“,
sagt er. Und gute Ideen haben die drei Koalitionspartner, die sich alle
über ihre neuen Projekte in der neuen rot-grün-roten Koalition profilieren
wollen – aber inzwischen ist den entscheidenden Köpfen klar, dass es nur
ganz wenig Geld zu verteilen gibt.
Ab 2020 gibt es für Bremen jedes Jahr 400 Millionen Euro mehr, das war die
frohe Botschaft, mit der die ehemalige Finanzsenatorin Karoline Linnert
(Grüne) das Ende von zwölf langen Jahren der Sanierungsauflagen eingeläutet
hatte. Strehl war als ihr Staatsrat entscheidend an den Verhandlungen
beteiligt. Seitdem hagelt es Ideen, wofür man das neue Geld ausgeben
könnte, aber, und das ist die aktuelle Botschaft des Finanzsenators: Das
Geld ist weitgehend verplant.
Auf mehr als vier Milliarden Euro summiert sich der Bremer Haushalt, aber
diese Summe ist mit bestehenden Ansprüchen verplant. Rund 1,5 Milliarden
Euro braucht das Sozialressort, 750 Millionen gehen für Personalausgaben
drauf – nur um die ganz großen Blöcke zu nennen. Trotzdem: 400 Millionen
mehr bei vier Milliarden Euro Etat sind immerhin zehn Prozent.
Bloß: 400 Millionen „mehr“ waren es eigentlich nie, da auch der Etat im
laufenden Jahr 2019 um insgesamt 125 Millionen Euro überzogen ist. Bleiben
275 Millionen – davon müssen 100 Millionen Euro mehr für Personalkosten
ausgegeben werden, 20 Millionen kostet die von der rot-grünen Koalition
beschlossene Beitragsfreiheit in den Kitas.
## Topf für „Schwerpunktprojekte“ fast leer
Insgesamt 70 Millionen Euro will sich die neue Koalition für
„Schwerpunktprojekte“ gönnen, aber aus diesem Topf müssen nun Zuschüsse für
die defizitären kommunalen Kliniken gezahlt werden und für den defizitären
Flughafen. Ob die Kulturförderung Geld aus dieser Summe bekommt, ist noch
offen, da gibt es bisher keine Anmeldungen, sagt Strehl. Ob es eine
„Ausbildungsabgabe“ mit Zuschussbedarf geben wird, steht ebenfalls in den
Sternen, und noch weiter entfernt ist die Idee der Linken, die 100
Millionen Euro Einnahmen aus dem Ticket-Verkauf des ÖPNV aus der
Staatskasse zu ersetzen.
Am Ende ist jedenfalls so wenig übrig, dass die Koalitionäre darüber
nachdenken, ob nicht für den dringend benötigten Schulneubau die
staatlichen bremischen Baugesellschaften Brebau und Gewoba Schulden
aufnehmen könnten und ob nicht die Zuschüsse an die Geno teilweise aus dem
Versorgungsfonds beglichen werden könnten, was bedeuten würde, dass Bremen
aus dem Geno-Bereich Pensionslasten dauerhaft übernimmt.
Dringende Investitionen in die Hochschulen könnten „gestreckt“ werden, also
auf spätere Jahre vertragt. Der finanzpolitische Sprecher der Linken,
Klaus-Rainer Rupp, sieht sich jedenfalls in seiner Befürchtung bestätigt,
dass die „Schuldenbremse“ auf Kosten der notwendigen Ausstattung wichtiger
kommunaler Einrichtungen geht, insbesondere von Schulen und Kitas.
Bleibt die Frage nach großen Risiken wie dem Finanzbedarf der Geno oder des
Flughafens. Diese stadteigenen Unternehmen haben offensichtlich immer
wieder kein gutes Händchen bei der Auswahl ihrer Geschäftsführungen. Diese
werden regelmäßig vorzeitig gefeuert. Die Subventionierung des Flughafens
soll nun auf Dauer gestellt werden und es gibt keinen Grund für die
Annahme, dass die Geno nicht alle Jahre wieder mit Horror-Meldungen kommt.
Früher wurde behauptet, dass die „Pavillon-Struktur der Gebäude schuld sei
an einer unwirtschaftlichen Struktur des Klinikums Mitte, dann verspracht
Geschäftsführer Diethelm Hansen, ein 180 Millionen-Neubau werde aus
Personaleinsparungen refinanziert und wenn nur ordentlich alles
zentralisiert würde, könne man besser kontrollieren.
Heute erscheint die Geno als intern chaotisch und unkontrollierbar und vor
allem „too big to fail“: Sie hat alle Möglichkeiten, die Kommune zu
erpressen – zuletzt mit der Botschaft, man habe über Monate nicht gemerkt,
dass der Betrieb mangels Personal nicht die vorgehaltene Leistung verkaufen
konnte. Kein privater Betrieb könnte sich so etwas leisten.
29 Nov 2019
## AUTOREN
DIR Klaus Wolschner
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