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       # taz.de -- Etikettenpflicht für Siedlungsprodukte: Bedeutungslose Symbolpolitik
       
       > Produkte aus den Siedlungen sind für den Export Israels eher unwichtig.
       > Das Urteil des EuGH ist also nur belehrend, Frieden stiftet es sicher
       > nicht.
       
   IMG Bild: Wäre der EU an Frieden gelegen, würde sie sich nicht mit simplen Gut-Böse-Urteilen aufhalten
       
       Es hat schon eine besondere Ironie, dass an einem Tag, an dem Tel Aviv
       unter Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen steht, der Europäische
       Gerichtshof (EuGH) zugunsten [1][der Etikettierungspflicht] für
       Siedlungsprodukte urteilt. Natürlich ist diese Terminierung reiner Zufall,
       aber sie zeigt doch recht anschaulich, welchen Beitrag Europa zur Lösung
       des Nahostkonflikts leistet: keinen.
       
       Rechtlich ist die Entscheidung des EuGH nicht zu beanstanden. Die EU hatte
       die Sonderregelung für Siedlungsprodukte beschlossen, es war eine
       politische Entscheidung mit der Botschaft: Wir finden [2][die Siedlungen im
       Westjordanland] wirklich nicht gut. Genau hier liegt das Problem, denn die
       europäische Außenpolitik beschränkt sich darauf zu beanstanden, zu
       verurteilen und den moralischen Zeigefinger zu heben.
       
       In der Realität hat die Etikettierungspflicht so gut wie keine
       Auswirkungen. Über 95 Prozent der israelischen Exporte sind
       Business-to-Business-Geschäfte, meist aus dem IT-Bereich. Sie zu
       kennzeichnen oder zu boykottieren ist nahezu unmöglich, es sei denn, man
       verzichtet auf Handy und Laptop. Endprodukte wie Wein, Obst oder Gemüse
       spielen eine verschwindend geringe Rolle bei den Ausfuhren, die aus den
       Siedlungen erst recht. Kurzum: Es geht hier um Symbolpolitik, die den
       Beteiligten das gute Gefühl gibt, etwas politisch Richtiges zu tun.
       
       Die Realität in der Region ist dafür aber viel zu komplex. Die
       palästinensischen Angestellten des weltweit populären Trinkwasserstrudlers
       SodaStream etwa waren wenig begeistert, als das Unternehmen aus einer
       Siedlung ins israelische Kernland umzog. Die Mehrheit der Siedlungen werden
       allen bekannten Friedensplänen zufolge ohnehin im Rahmen eines
       Gebietstausches Israel zufallen. Der Kern des Problems ist derselbe wie
       schon vor 70 Jahren: Zwei Völker streiten um ein kleines Stück Land. Von
       Europa, insbesondere von Deutschland, kann und muss man erwarten, dass es
       in diesem Konflikt Brücken baut und an echten Lösungen mitwirkt, anstatt
       bedeutungslose Etikettierungen zu beschließen.
       
       12 Nov 2019
       
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