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       # taz.de -- Weiße Privilegien und Solidarität: Seid brav, sonst kommt die AfD
       
       > Deutsche Linke fordern gerne mal, AfD-Wähler zurück in die Mitte zu
       > holen. Das ist toxisch – und offenbart ihr Verständnis für diese
       > Menschen.
       
   IMG Bild: Irgendwo fordert ein Alman, die AfD-Wähler zurück in die bürgerliche Mitte zu holen
       
       In fast jeder antirassistischen Diskussion unter „Linken“ kommt der Punkt,
       an dem irgendein Alman sagt: „So werden wir die AfD-Wähler nicht
       zurückholen.“ Nur bitte: Wohin zurück? In diese ominöse Mitte? Wer will
       diese Leute zurück und was soll sich dann geändert haben?
       
       Dieses vermeintliche Argument ist durch und durch toxisch: Es wird das
       „wir“ benutzt, um zu signalisieren, dass man selbst auf der richtigen Seite
       stünde. Gleichzeitig ist es eine Drohung, die quasi lautet: „Wenn ihr
       Schwarze Menschen und People of Color nicht aufhört, so lästig und laut für
       eure Rechte und eure Existenz einzustehen, dann wird die AfD nicht an
       Stimmen verlieren, was dann ja bitte allein eure Schuld ist.“ Solidarität
       klingt schon mal anders.
       
       Ein ähnlicher Satz stand letztens am Ende eines [1][Artikels in der Zeit
       von Eva Marie Stegmann,] in dem sie sich als Teil jener 63 Prozent der
       Deutschen benannte, die laut einer Umfrage denken, man müsse sehr
       aufpassen, wenn man seine Meinung öffentlich äußert. So groß kann die Angst
       von Stegmann vor der öffentlichen Meinungsäußerung dann freilich auch
       wieder nicht sein, wenn sie es noch schafft, ihre teils akrobatisch
       argumentierten Standpunkte in eines der deutschsprachigen Leitmedien zu
       gießen, aber darauf will ich jetzt gar nicht hinaus.
       
       Worauf ich hinauswill, ist der letzte Satz, den Stegmann schreibt, nachdem
       sie der Leser_in erklärt hat, sie sei eine von den ängstlichen 63 Prozent
       und wie „elitär“ es sei, dass man nicht jeden ohne Widerspruch nennen
       dürfe, wie man möchte. Was genau sie so gerne sagen möchte und nicht mehr
       sagen darf, darüber wird sie nicht wirklich konkret. Sie schreibt aber als
       eine Art Fazit: „Wir sollten zumindest versuchen, uns gegenseitig zu
       verstehen. Damit sich der Frust, den einige der 63 Prozent fühlen, nicht in
       Hass verwandelt. Und in ein Kreuz bei der AfD.“
       
       ## Versuch der Unterdrückung
       
       Auch hier steht dieses „wir“ und „sollten versuchen, uns gegenseitig zu
       verstehen“ als eine Aufforderung an beide Seiten, also wohl an diejenigen,
       die verletzende Dinge weiter sagen wollen, und diejenigen, die diese Dinge
       als verletzend empfinden. Das ist bis dahin nicht besonders
       fortschrittlich, aber gut. Dann folgt aber wieder eine Drohung, die quasi
       lautet: „Wenn ihr nicht lernt, damit zu leben, dass wir Frustrierten uns
       nicht nach euren Bedürfnissen richten, dann könnten wir anfangen, euch zu
       hassen und die AfD zu wählen.“
       
       Wer so etwas sagt, offenbart, dass er oder sie verstehen kann, wieso Leute
       die AfD wählen. Dass sie es als eine plausible Entscheidung empfinden,
       Rechte und damit mindestens einen Faschisten zu wählen, wenn Weiße
       Privilegien und der respektlose Umgang mit Schwarzen Menschen und People of
       Color benannt werden.
       
       Darin die Ursache für das Erstarken der AfD zu sehen, ist aber nicht nur
       ein weiterer Versuch der Unterdrückung, es ist auch absolut
       geschichtsvergessen.
       
       2 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.zeit.de/2019/48/debattenkultur-toleranz-sprachregeln-sensibilitaet
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Saskia Hödl
       
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