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       # taz.de -- Klimaplan für Hamburg: Koalitions-Kampf um Klimakrone
       
       > Hamburgs rot-grüner Senat legt Landesklimaplan vor. Auch 55 Prozent
       > weniger CO2 verbessern das Klima zwischen den Koalitionären nicht.
       
   IMG Bild: Stellten Klimaplan vor: Senator Kerstan (Grüne, li.) und Bürgermeister Tschentscher (SPD, re.)
       
       Hamburg taz | Wann hat Klimaschutz in Zeiten des Wahlkampfs eine humoreske
       Schlagseite? Wenn Koalitionspartner, die zugleich Wahlkampfgegner sind,
       gemeinsam ein Projekt präsentieren, das beide vor allem sich selber auf die
       Fahne schreiben. So geschehen auf Hamburgs Landespressekonferenz, wo
       Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und sein Umweltsenator Jens Kerstan
       (Grüne) am Dienstag einen neuen Klimaplan samt Landesklimaschutzgesetz
       vorstellten.
       
       Die Inszenierung liegt exakt zwischen Waldorf und Statler, den beiden Opis
       aus der Muppet -Show, und Loriots „Ein Ehepaar erzählt einen Witz“. Wird
       Bürgermeister Tschentscher etwas gefragt, muss auch Umweltsenator Kerstan
       eine Antwort geben. Und geht die Frage an Kerstan, setzt es natürlich einen
       Co-Kommentar des Bürgermeisters.
       
       Der legt Wert darauf, dass in Hamburg erst seit 2011, seit die SPD wieder
       in Hamburg regiert, pro Jahr 400.000 Tonnen CO2 eingespart wurden, während
       davor – also unter Schwarz-Grün – die Bilanz dürftig ausfiel. Kerstan
       kontert damit, dass das zu kurz gesprungene Klimaschutzprojekt des Bundes
       und die den Windkraftausbau lahm legenden Abstandsregelungen – Projekte der
       Großen Koalition im Bund also – Hamburgs Klimaziele gefährdeten. So
       [1][wahlkämpfen sich der Bürgermeister und sein Umweltsenator] durch ihr
       neues Klimaschutzgesetz.
       
       Das hat auch Inhalte zu bieten: Um 55 Prozent gegenüber 1990 soll der
       Hamburger CO2 -Ausstoß bis 2030 sinken, bis 2050 soll die Stadt ganz
       klimaneutral sein. Dabei setzt der Senat auf über 400 Einzelmaßnahmen und
       darauf, dass der Kohleausstieg auf Bundesebene wie geplant vorankommt. Die
       größte Einzelmaßnahme dabei ist die längst beschlossene und immer wieder
       verschobene [2][Abschaltung des Kohlekraftwerks Wedel 2025] und die
       Umstellung der Hamburger Fernwärmeproduktion auf erneuerbare Energien,
       Abwärme und Erdgas.
       
       ## Die Abschaltung des Kraftwerks Wedel bringt am meisten
       
       Nicht in die Berechnung ein fließt das Kohlekraftwerk Moorburg, da es zwar
       auf Hamburger Grund und Boden steht, Strom aber für die ganze Republik
       produziert. Neben einer umweltfreundlicheren Fernwärmeproduktion spielt die
       „Mobilitätswende“ mit einem massiven Ausbau des Öffentlichen
       Personennahverkehrs und der Elektrifizierung von Fahrzeugflotten eine
       zentrale Rolle.
       
       Große statistische Effekte kann auch die Industrie erzielen, wenn
       energieintensive Betriebe wie die Hamburger Stahlwerke auf klimaneutralen
       Ökostrom umsteigen. Auch der Ausbau der Landstromversorgung für Container-
       und Kreuzfahrtschiffe steht auf dem Programm.
       
       Das neue Klimaschutzgesetz soll zudem neue Energiestandards zur Pflicht
       machen. So schreibt es eine [3][Pflicht zur Installation von Solaranlagen]
       auf Neubauten fest, soweit diese im konkreten Fall ökonomisch vertretbar
       ist. Ölheizungen im Neubau soll es bereits ab 2022 nicht mehr geben; vier
       Jahre später dürfen sie auch beim Austausch bestehender Anlagen nicht mehr
       eingebaut werden. Gebäude der öffentlichen Hand müssen nach einem erhöhten
       Energieeffizienzstandard errichtet und saniert werden, die Landesverwaltung
       samt ihres Fuhrparks sollen bis 2030 klimaneutral organisiert sein.
       
       Während Bürgermeister Tschentscher sicher ist, mit den beschlossenen
       Maßnahmen die selbst gesetzten Klimaziele locker zu erreichen, glaubt
       Kerstan ganz unbescheiden „dass ich und meine Behörde das anspruchsvollste
       und weitreichendste Klimaschutzgesetz vorgelegt haben“.
       
       Das sehen die Opposition und die Naturschutzverbände naturgemäß ganz
       anders. CDU-Umweltpolitiker Stephan Gamm kritisiert vor allem, dass das
       rot-grüne Klimapaket aus „vielen Verboten und neuen teuren Vorschriften“,
       etwa beim Wohnungsbau, bestehe, die dafür sorgen würden, „dass das Leben in
       Hamburg deutlich teurer wird“
       
       Für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hingegen steht der rot-grüne
       Klimaplan „auf wackligen Füßen“. Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch:
       „Wesentliche CO2 -Einsparungen sind nicht ausreichend hinterlegt, vieles
       wirkt optimistisch ins „Blaue“ gerechnet“.
       
       4 Dec 2019
       
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       eins.