# taz.de -- Bayerisches Integrationsgesetz: Leitkultur ist nicht das Problem
> Das bayerische Integrationsgesetz wurde entschärft. Der Streit darüber
> war aber vor allem von symbolischer Bedeutung.
IMG Bild: Leberkässemmel: Damit kann man leben
Der Verfassungsgerichtshof in München hat dem bayerischen
Integrationsgesetz die Zähne gezogen. [1][Eine Niederlage der CSU?] Man
könnte auch sagen, das meist regierungskonforme Gericht hat sich der neuen
bayerischen Atmosphäre angepasst. Auch die CSU ist 2019 nicht mehr im
AfD-Modus.
Wichtigste Wirkung des Urteils: Das Gesetz wird durch Auslegung entschärft.
Die in der Präambel definierte bayerische „Leitkultur“ sei nur ein
unverbindlicher Vorspann zum Gesetz und führe nicht zu unmittelbaren
Pflichten. Auch die im Gesetz erwähnte „Integrationspflicht“ dürfe nicht
als Pflicht zur Assimilation missverstanden werden.
Wenn Kindern in Kitas „zentrale Elemente der christlich-abendländischen
Kultur vermittelt“ werden soll, sei damit nicht die Religion gemeint,
sondern die Werte des Humanismus, der Aufklärung und der religiösen
Toleranz. Damit kann man leben.
Einige Bestimmungen werden auch als Verstoß gegen die bayerische
Landesverfassung gewertet, etwa dass der Rundfunk zur Vermittlung der
Leitkultur verpflichtet werden sollte. Das nutzt vor allem der Opposition,
die nun sagen kann, das Gesetz sei „verfassungswidrig“. Doch wie die
Einführung des Gesetzes war auch der juristische Streit darum vor allem von
symbolischer Bedeutung – wobei die bei Integrationsfragen natürlich wichtig
ist.
## „Leitkultur der Vielfalt“
Dass es überhaupt eine Leitkulturdiskussion gibt, ist dabei nicht das
Problem. Hans-Jürgen Papier, der frühere Präsident des
Bundesverfassungsgerichts, hat zu Recht festgestellt, dass wir in
Deutschland eine „Leitkultur der Vielfalt“ haben. Dazu gehören vor allem
die Vielfalt sichernden Garantien des Grundgesetzes wie Meinungs- und
Religionsfreiheit und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Einiges davon findet sich auch im Integrationsgesetz.
Das Problem am bayerischen Gesetz war aber der Ansatz, dass MigrantInnen
durch allerlei Pflichten und Gebote erst „befähigt“ werden müssten, in
dieser Gesellschaft zu leben. Derartiger Paternalismus steht einer
Integration tatsächlich im Weg.
4 Dec 2019
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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