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       # taz.de -- Kampagne gegen Simbabwe-Sanktionen: Leere Worte, leere Bäuche
       
       > Simbabwe unterliegt seit fast zwei Jahrzehnten Sanktionen. Präsident
       > Mnangagwa tut sich schwer damit, dagegen zu mobilisieren.
       
   IMG Bild: Die erste Anti-Sanktionen-Kundgebung war noch halbwegs gut besucht: Harare, 25. Oktober
       
       Chiredzi taz | Tausende von Menschen waren gekommen, aber nach Brathähnchen
       und würzigen Pommes suchten sie vergebens. Die Leute in der simbabwischen
       Zuckerplantagenstadt Chiredzi waren zahlreich zur Versammlung des
       Präsidenten Emmerson Mnangagwa geströmt, um ein Ende der internationalen
       Sanktionen gegen Simbabwe zu fordern. Sie erwarteten eine Party.
       
       Stattdessen wurde das Event in Chiredzi zu einer Kundgebung der
       Verzweiflung, als hungrige Menschen sich um das billige Popocorn „maZupco“
       stritten, um ihre Bäuche zu füllen. Staatliche Busse der
       Verkehrsgesellschaft Zupco und Schulbusse hatten die Leute frühmorgens zur
       Versammlung abgeholt – so früh, dass keine Zeit geblieben war, eine
       Mahlzeit vorzubereiten. Aber es sollte ja auf der Kundgebung etwas geben,
       dachten sie.
       
       Also warteten sie. Und warteten. Und dann kam schließlich Präsident
       Mnangagwa und brachte nichts mit.
       
       ## Hühnerbeinchen für alle
       
       Was für ein Kontrast zur Hauptstadt Harare, wo eine offizielle Kundgebung
       zum Auftakt der staatlichen Anti-Sanktionen-Kampagne in ein „Chicken Inn
       Feast“ ausgeartet war. Im Sportstadion der Hauptstadt bekam jeder
       Teilnehmer ein reichhaltiges Mittagessen aus „Two Piecer Chicken“ – zwei
       Huhnstückchen – und Trinkwasser in Flaschen.
       
       Die sozialen Medien Simbabwes waren voll von Bildern zufriedener Bürgern
       und ihrem Fast Food. Manche Jugendliche hatten bis zu 15 Portionen
       ergattert – es war schließlich kaum jemand zu der Kundgebung gekommen, also
       blieb viel übrig. Aber im staubigen Tshovani-Stadion von Chiredzi 600
       Kilometer südöstlich mussten die teils aus 100 Kilometer Entfernung
       herangekarrten Bauern jetzt dem Präsidenten hungrig zuhören.
       
       Er kam erst gegen 13 Uhr, weil er vorher die Zuckerrohrfarm Kilimanjaro auf
       dem Agrarkomplex Hippo Valley Estate einweihte, ein Prestigeprojekt. Als er
       endlich das Stadion erreichte, wo derweil die Blaskapelle der Zion
       Christian Church für Stimmung sorgte, lag die Temperatur bereits bei 42
       Grad.
       
       ## Dürre und Regen
       
       „Ja, wir stehen unter Sanktionen, aber wir müssen angucken, was Gott uns
       für ein Land geschenkt hat, und es produktiv nutzen“, rief der Präsident.
       „Wir haben fruchtbares Agrarland und wir müssen es nutzen. Ja, wir können
       drei Jahre lang unter Dürre leiden, aber im nächsten Jahr kann es regnen.
       Wenn Dürre herrscht, können wir Bewässerung nutzen.“
       
       Die Zuhörer waren unbeeindruckt. „Warum sind wir hier hergebracht worden?“,
       ärgerte sich ein Teilnehmer hinterher. „Wir sind seit dem frühen Morgen
       hier und haben nichts gegessen.“ Seinen Namen wollte er nicht nennen, aus
       Angst vor [1][Repressalien].
       
       Simbabwe steht seit fast 20 Jahren unter Sanktionen der EU und der USA –
       eine Strafmaßnahme wegen der Enteignung weißer Farmer und der Unterdrückung
       politischer Gegner durch Präsident Robert Mugabe. Mnangagwa, der 2017 nach
       einem Militärputsch gegen den greisen Mugabe [2][die Macht übernahm], will
       diese Sanktionen beenden, die er als „westliches Krebsgeschwür“ denunziert,
       und hat dafür die Unterstützung anderer afrikanischer Staaten und der
       Afrikanischen Union.
       
       Im Oktober rief er eine Volkskampagne gegen die Sanktionen ins Leben, der
       25. Oktober wurde zum Anti-Sanktionen-Feiertag erklärt, und auf der
       Großkundgebung in Harare an diesem Tag startete die Kampagne.
       
       14 Nov 2019
       
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   DIR Walter Mafeking
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