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       # taz.de -- Neuer Kurs der EU-Investitionsbank: Europa steigt aus Gas aus
       
       > Aktivisten und NGOs feiern einen „Klimaerfolg“. Lange war Deutschland
       > gegen einen Ausstieg der EU-Förderbank EIB aus fossilen Energieträgern.
       
   IMG Bild: Wir bald nicht mehr von der EIB finanziert: Bauarbeiten für die Pipeline Norstream 2
       
       Brüssel/Berlin taz/afp | „What a day“, [1][twitterte Luisa Neubauer von
       Fridays for Future]. „Klimaerfolge sind selten. Das ist tatsächlich einer.“
       Sie meint damit, dass die Europäische Investitionsbank (EIB) nun endlich
       die „progressivste Klimastrategie aller multilateralen Banken“ anwenden
       will. Nach langer Diskussion hatte der Verwaltungsrat der Bank am
       Donnerstagabend entschieden, ab 2022 den Bau von traditioneller
       Infrastruktur für die Energieproduktion mit Erdgas nicht mehr zu
       unterstützen. Aber: Der Ausstieg aus der Unterstützung fossiler Brennstoffe
       kommt ein Jahr später als ursprünglich geplant.
       
       Der Vorsitzende der EIB, der ehemalige FDP-Generalsekretär Werner Hoyer,
       hatte noch im Sommer angekündigt, sein Institut zur „Klimaschutzbank“
       machen zu wollen, um die EU beim Erreichen ihrer Klimaschutzziele zu
       unterstützen. In Infrastruktur zur Energieproduktion mit fossilen
       Brennstoffen sollte deshalb ab 2021 nicht mehr investiert werden.
       
       Den Bau neuer Kohlekraftwerke unterstützt die Staatsbank schon länger nicht
       mehr. Nun sollte auch die Vergabe günstiger EIB-Kredite für Bauprojekte im
       Gasbereich kategorisch ausgeschlossen werden. In einigen
       EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, stieß dieser Vorschlag auf
       Kritik.
       
       Dagegen hatte [2][unter anderem FFF noch am Dienstag vor dem Berliner
       Finanzministerium] demonstriert. Erdgas gilt als umweltfreundlichere
       Energiequelle als Kohle und soll der EU-Kommission zufolge beim Übergang
       hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft eine wesentliche Rolle spielen.
       
       ## Grenzwert für Förderung gesenkt
       
       In den neuen EIB-Förderregeln ist nun vorgesehen, dass pro erzeugter
       Kilowattstunde Strom lediglich 250 Gramm CO2 anfallen dürfen. Bei
       traditionellen Gaskraftwerken liegt der Wert in der Regel höher. Der
       EIB-Grenzwert lag bislang bei 550 Gramm.
       
       Die EIB gehört den derzeit 28 EU-Staaten, ihre Anteile am Kapital der Bank
       richten sich nach ihrem wirtschaftlichen Gewicht innerhalb der EU zum
       Zeitpunkt ihres Beitritts. Seit ihrer Gründung 1958 hat die EIB Kredite im
       Wert von mehr als einer Billion Euro vergeben.
       
       Die EU-Länder bestimmen als Anteilseigner der EIB über deren strategische
       Ausrichtung. Im Verwaltungsrat des Luxemburger Finanzinstituts verfügen sie
       über ein ihrem Anteil am Kapital entsprechendes Stimmgewicht. Deutschland,
       Frankreich, Italien und Großbritannien halten mit jeweils 16 Prozent die
       meisten Anteile.
       
       ## Union war zunächst dagegen
       
       Am Dienstag war bekannt geworden, dass die Bundesregierung bis dahin keine
       gemeinsame Position hatte finden können. Während die SPD-geführten
       Ministerien die strategische Neuausrichtung der EIB im Energiebereich
       unterstützten, waren die Unionsparteien weiterhin dagegen. Deutschland
       werde sich bei der Abstimmung enthalten müssen, hieß es aus dem
       Bundesfinanzministerium.
       
       Einem Ende der Unterstützung von Gasprojekten ab 2022 konnte die
       Bundesrepublik dann am Ende offenbar doch zustimmen. Das Stimmverhalten der
       einzelnen Länder wurde zwar zunächst nicht bekannt. Allerdings sei die
       Entscheidung mit den Stimmen von „mehr als 90 Prozent der Anteilseigner“
       gefallen, sagte EIB-Vize Andrew McDowell.
       
       Von einem „großen Sieg für die europäische Zivilgesellschaft, die seit
       Monaten für ein Ende der fossilen Geschäfte gekämpft hat“, sprach Regine
       Richter, Energie-Campaignerin bei Urgewald. Mit dem Beschluss zeige „die
       EIB als erste multilaterale Bank, dass sie die Konsequenzen des Pariser
       Klimabeschlusses verstanden hat. Gas ist Teil des Problems und nicht der
       Lösung, die Zeit fossiler Energieträger ist endgültig abgelaufen. Dem
       großartigen Signal müssen Möchtegern-Klimaschutzbanken wie die Weltbank
       folgen.“
       
       ## „Venedig steht unter Wasser“
       
       Auch der BUND hält die Entscheidung der EIB für „gut. Sie zeigt: Das
       Zeitalter der Fossilen neigt sich dem Ende zu. Unverständlich bleibt
       jedoch, dass sich die Bank nicht sofort aus der Finanzierung von
       klimaschädlichen Projekten zurückgezogen hat. Venedig steht unter Wasser.
       Wir können die gravierendsten Folgen der Klimakrise nur verhindern, wenn
       wir schnell aus Kohle, Öl und Gas aussteigen.“
       
       Der EU-Abgeordnete der Grünen Michael Bloss kritisierte hingegen den
       „Zickzackkurs“ der Bundesrepublik in der Klimapolitik: Erst zu blockieren,
       sich dann enthalten zu wollen und schließlich einem Kompromiss zulasten des
       Klimas zuzustimmen, sei kein ernstzunehmendes Engagement für das Pariser
       Klimaschutz-Abkommen.
       
       15 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/Luisamneubauer/status/1195087560596500485
   DIR [2] /Deutschland-und-die-EU-Investitionsbank/!5637083
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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