# taz.de -- Klimapolitik der EU: Klimanotstand in Europa?
> Die Grünen wollen auch in Brüssel eine verschärfte Politik gegen die
> Erderwärmung – und den Klimanotstand ausrufen. Andere Fraktionen bremsen
> eher.
IMG Bild: Der Ausstoß von Treibhausgasen muss radikal sinken, wann und wie, darüber streitet das EU-Parlament
Brüssel taz | Das Europaparlament will den Druck auf die [1][neue
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen] in der Klimapolitik
deutlich erhöhen. Noch vor dem Start der CDU-Politikerin in Brüssel wollen
mehrere Fraktionen den „[2][Klimanotstand]“ ausrufen – und damit eine
schnellere und schärfere EU-Gesetzgebung erzwingen. Was genau daraus folgen
soll, darüber sind sich die EU-Politiker allerdings nicht einig.
Von der Leyen hatte bei ihrer [3][Bewerbungsrede] im Europaparlament im
Juli einen „European Green Deal“ versprochen, der die EU bis 2050
klimaneutral machen soll. Von der Leyens Team dürfte am 1. Dezember die
Arbeit aufnehmen. Binnen hundert EU-Tagen wird dann das erste große
Klimagesetz erwartet.
EU-Kommissar Frans Timmermans – ein Sozialdemokrat – habe bereits einen
fertigen Entwurf in der Schublade, heißt es in Brüssel. Ein eher zahmer
Plan ohne Klimasteuer und „Border Tax“ für Importe. Von der Leyen könnte
ihren „Green Deal“ also womöglich schon vor Weihnachten vorlegen.
Das Europaparlament versucht nun die Initiative an sich zu reißen. Anlass
ist die [4][UN-Klimakonferenz Anfang Dezember in Madrid]. Die Abgeordneten
bereiten für ihre Plenartagung in der kommenden Woche in Straßburg eine
Entschließung vor – und wollen dabei den „Klimanotstand“ für Europa
ausrufen.
## Grüne machen einen eigenen Entwurf
Die Details sind allerdings umstritten. Liberale und Sozialdemokraten
denken offenbar an einen eher symbolischen Vorstoß, der die „Führungsrolle“
der EU in der Klimapolitik unterstreicht. „Es geht vor allem um eine
geopolitische Antwort auf US-Präsident Donald Trump“, sagt Pascal Canfin
von der liberalen „Renew Europe“-Fraktion. Außerdem werde der Klimanotstand
es Ländern wie Polen schwerer machen, das Ziel der Klimaneutralität bis
2050 zu blockieren.
Die Grünen wollen jedoch mit einem eigenen Entwurf weiter gehen – und die
EU-Gesetzgebung verschärfen. Europa dürfe die Warnungen aus der
Wissenschaft und die Fridays-for-Future-Proteste nicht ignorieren, meint
der Abgeordnete Michael Bloss. „Wir fordern die anderen Fraktionen auf,
sich nicht mit leeren Worten als Klimaschützer zu inszenieren, sondern
unserem Aufruf nach konkreten Taten zu folgen“, sagt Bloss der taz.
Er fordert, dass der Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um 65 Prozent unter
den Wert von 1990 sinken soll – bisher liegt das EU-Ziel bei minus 40
Prozent. Außerdem sollen EU-Investitionen in fossile Energien beendet
werden. Handelsabkommen mit Ländern, die das Pariser Klima-Abkommen nicht
umsetzen, sollen gestoppt werden.
Allerdings ist in einem Antrag, den das Parlamentspräsidium am Donnerstag
zugelassen hat, nur von einer Senkung der Treibhausgase um 55 Prozent
gegenüber 1990 die Rede. Mehr sei unrealistisch, hieß es bei den Liberalen.
Die Konservativen, die die größte Fraktion im EU-Parlament stellen, lehnen
den „Notstand“ komplett ab.
22 Nov 2019
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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