URI: 
       # taz.de -- Spannungen in Bolivien nehmen ab: Neuwahl ohne Morales
       
       > Das Parlament von Bolivien hat die Wahlen für ungültig erklärt und
       > Ex-Präsidenten Evo Morales von den Neuwahlen ausgeschlossen. Das beruhigt
       > die Lage.
       
   IMG Bild: Das dürfte ihm gar nicht gefallen – Evo Morales wurde von den Wahlen ausgeschlossen
       
       La Paz dpa/afp | Die Neuwahlen in Bolivien werden voraussichtlich ohne dem
       [1][ehemaligen Präsidenten Evo Morales] stattfinden. Nach dem Senat stimmte
       am Samstagabend (Ortszeit) auch das Abgeordnetenhaus in La Paz der Vorlage
       zu, die die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom Oktober für ungültig
       erklärt und Morales sowie zahlreichen seiner Gefolgsleute eine Kandidatur
       bei Neuwahlen verwehrt.
       
       [2][Einer Mitteilung des Senats zufolge] sind keine Kandidaten zugelassen,
       die – wie Morales – in den vergangenen drei Legislaturperioden durchgehend
       im Amt waren. Innerhalb von 20 Tagen müssen demnach neue Mitglieder des
       Wahltribunals gewählt werden. Der Gesetzentwurf wurde einstimmig
       beschlossen. Selbst Morales' Partei MAS, die eine Mehrheit im Parlament
       hat, stimmte für das Gesetz.
       
       Morales, der nach seinem Rücktritt vor zwei Wochen nach Mexiko geflohen
       war, äußerte sich zunächst nicht zu dem Gesetz, das nun noch von
       Interimspräsidentin Jeanine Áñez in Kraft gesetzt werden muss. Áñez
       kündigte an, das Gesetz am Sonntag zu unterschreiben. Einen Gesetzentwurf
       der MAS, der eine Amnestie für Morales und seinen Vizepräsidenten Álvaro
       García Linera vorsah, lehnte sie ab. Sie werde keine „Amnestie“ zulassen
       für diejenigen, die „Verbrechen begangen, sich über das Gesetz
       hinweggesetzt und Missbrauch begangen“ hätten.
       
       Die Wahlen am 20. Oktober, bei denen Morales für eine vierte Amtszeit
       angetreten war, waren laut Parlament nicht gültig. Die Verfassung hätte
       eine weitere Kandidatur eigentlich nicht zugelassen, das Verfassungsgericht
       gestand ihm dies aber dennoch zu. Nach dem Sieg Morales prangerte die
       Opposition Wahlbetrug an. Im ganzen Land brachen gewaltsame Proteste aus.
       Mehr als 30 [3][Menschen starben]. Das Wahlgesetz sieht nun eine Reform des
       Verfassungsgerichts vor. Seine Richter wurden unter dem Verdacht der
       Wahlmanipulation abgesetzt und festgenommen.
       
       ## Dialogvereinbarung beruhigt Krise
       
       Die Interimsregierung und die MAS schlossen am Samstag im Beisein von
       Vermittlern der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der
       katholischen Kirche auch eine Dialogvereinbarung. Bauern, die Morales
       unterstützen, hoben Medienberichten zufolge ihre Straßenblockaden auf, die
       nach dem Rücktritt Morales am 10. November zu massiven Versorgungsengpässen
       in La Paz und anderen Städten geführt hatten. Weil Morales zur
       Aufrechterhaltung der Blockade aufgerufen haben soll, reichte Boliviens
       Übergangsregierung gegen ihn Klage wegen „Aufwiegelung und Terrorismus“
       ein. Nun nahm die Interimsregierung auch Gespräche mit Gruppen auf, die
       soziale Anliegen vertreten.
       
       Morales war unter dem Druck von Militär und Polizei nach der mutmaßlichen
       Wahlmanipulation zurückgetreten und spricht von einem Putsch. Áñez, die
       zweite Vizepräsidentin des Senats, erklärte sich zur Interimspräsidentin.
       Sie muss innerhalb von 90 Tagen eine Neuwahl organisieren.
       
       Zwei erwachsene Kinder von Morales flogen am Samstag von Bolivien nach
       Argentinien. Der Innenminister der bolivianischen Interimsregierung,
       [4][Arturo Murillo, veröffentlichte auf Twitter] Fotos der Bordkarten von
       Evaliz und Álvaro Morales. „Kinder haften nicht für die Verbrechen ihrer
       Eltern“, schrieb er. Die Interimsregierung hatte Morales' Tochter Evaliz
       zuvor freies Geleit nach Mexiko zugesichert.
       
       24 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Proteste-und-Morales-Sturz-in-Bolivien/!5638564
   DIR [2] https://web.senado.gob.bo/prensa/noticias/senado-aprueba-por-unanimidad-el-proyecto-de-ley-de-r%C3%A9gimen-excepcional-y
   DIR [3] /Machtkampf-in-Bolivien/!5640929
   DIR [4] https://twitter.com/ArturoMurilloS/status/1198192106625474561
       
       ## TAGS
       
   DIR Evo Morales
   DIR Jeanine Añez
   DIR Bolivien
   DIR Bolivien
   DIR Bolivien
   DIR Bolivien
   DIR Bolivien
   DIR Reiseland Bolivien
   DIR Jeanine Añez
   DIR Bolivien
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wahlen in Bolivien: Der Traum ist aus
       
       Durch Misswirtschaft hat sich Boliviens Linke selbst zerstört. Dass sie es
       nicht in die Stichwahl schafft, hat sie sich selbst zuzuschreiben.
       
   DIR Bolivien vor den Wahlen: Keine Konfetti-Stimmung
       
       Bolivien wählt einen neuen Präsidenten. Das Land wartet sehnlichst auf das
       Ende der Übergangsregierung. Aber wie es auch ausgeht: Es drohen Unruhen.
       
   DIR Haftbefehl gegen Evo Morales: Abgehört, aber optimistisch
       
       Ein Telefonmitschnitt soll belegen, dass Evo Morales zur Abriegelung der
       Städte aufgerufen hat. Ein Haftbefehl kümmert den Ex-Präsidenten nicht.
       
   DIR Boliviens Ex-Präsident wechselt Exil: Evo Morales in Argentinien
       
       Seit zwei Tagen ist der neue argentinische Präsident Alberto Fernández im
       Amt. Und schon erhält Boliviens Ex-Staatschef dort politisches Asyl.
       
   DIR Urbanes Seilbahnsystem von La Paz: Revolution am Himmel
       
       Das Seilbahnsystem der bolivianischen Hauptstadt ist das größte der Welt.
       Es hat La Paz und die Nachbarstadt El Alto demokratisiert – mit Folgen.
       
   DIR Machtkampf in Bolivien: Wer tötete in El Alto?
       
       Mindestens sieben Menschen wurden in El Alto erschossen. Nicht von
       Soldaten, sagt Boliviens Verteidigungsminister. Augenzeugen sahen etwas
       anderes.
       
   DIR Proteste in Bolivien: Wer schießt, bleibt straffrei
       
       Empörung über ein Dekret der neuen Präsidentin, das den Einsatz des
       Militärs gegen Proteste befiehlt und Sicherheitskräfte vor der Justiz
       schützt.
       
   DIR Proteste und Morales-Sturz in Bolivien: Wir alle waren verliebt in ihn
       
       Evo Morales war mehr als ein Präsident, für die Indigenen Boliviens, für
       Linke in aller Welt. Jetzt ist er im Exil – und spaltet, statt zu
       versöhnen.