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       # taz.de -- Entwurf für europäische Finanzsteuer: Scholz legt Steuergesetzentwurf vor
       
       > Der SPD-Finanzminister will nur Aktienkäufe besteuern, und das auch mit
       > vielen Ausnahmen. Darum gibt es am Konzept breite Kritik.
       
   IMG Bild: Spekulatius pecuniarum: die Börse in Frankfurt
       
       [1][Bundesfinanzminister Olaf Scholz] (SPD) hat seinen Ministerkolleg*innen
       auf EU-Ebene einen Vorschlag für eine Richtlinie zu Einführung einer
       Finanztransaktionssteuer vorgelegt. Dieser sieht vor, dass der Kauf von
       Aktien künftig mit mindestens 0,2 Prozent des Aktienwerts besteuert wird.
       Derivate und andere abgeleitete Finanzprodukte sind ausgenommen.
       
       Auch bei Aktien gibt es diverse Ausnahmen: Fällig werden soll die Steuer
       nur für Unternehmen mit einem Börsenwert von über 1 Milliarde Euro. Auch
       von Investmentfonds verwaltete Pensionsfonds sind ausgenommen. Weitere
       Ausnahmen aber auch Verschärfungen sollen auf nationaler Ebene möglich
       sein. Die Einnahmen in Deutschland schätzt Scholz auf 1,5 Milliarden Euro
       jährlich.
       
       Eine Steuer auf alle Finanztransaktionen war die Gründungsforderung der
       globalisierungskritischen Organisation [2][Attac] („Association pour une
       Taxation des Transactions financières pour l'Aide aux Citoyens“). Das Geld
       sollte dabei zur Armutsbekämpfung vor allem jener Menschen eingesetzt
       werden, die unter den Folgen von Spekulationsblasen leiden.
       
       Nach der Finanzkrise schlug die EU-Kommission die Einführung einer solchen
       Steuer vor, um den Finanzsektor an den Kosten der Krise zu beteiligen.
       
       ## Kritik aus Deutschland
       
       Weil es auf EU-Ebene an der notwendigen Einstimmigkeit fehlte, sollte die
       Steuer von 10 Staaten im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit eingeführt
       werden: Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland,
       Italien, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien. Im Rahmen der
       Verhandlungen wurde das Konzept dabei aber immer weiter ausgehöhlt.
       
       In Brüssel wurde Scholz' Vorstoß zurückhaltend aufgenommen – auch weil es
       sehr unüblich ist, dass einzelne Mitgliedsstaaten Entwürfe für
       EU-Richtlinien vorlegen. Einen offiziellen Kommentar seitens der EU gab es
       zunächst nicht.
       
       In Deutschland stieß der Vorschlag auf breite Kritik. „Was Scholz da
       vorlegt, hat mit einer Finanztransaktionssteuer nichts zu tun“, erklärte
       Attac-Steuerexperte Detlev von Larcher. Das sieht Grünen-Finanzexperte Sven
       Giegold ähnlich: „Das Modell von Scholz hat mit der Ursprungsidee kaum
       etwas zu tun.“
       
       Doch auch beim Koalitionspartner stößt Scholz auf Widerstand: „Während
       langfristige Investoren von der Steuer betroffen wären, freuen sich
       kurzfristig orientierte Spekulanten über Ausnahmen“, kritisierte der
       EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU).
       
       ## Die Zeit drängt
       
       Ob und wann die Steuer Realität wird, ist auch jetzt noch offen. Scholz
       selbst schreibt an seine EU-Kolleg*innen, man sei jetzt „in einer Position,
       eine Einigung zu erreichen“; zugleich sei ihm aber klar, dass die
       Diskussion in einigen Ländern noch dauern werde.
       
       Für ihn selbst drängt die Zeit aber: Die Union hat die Einführung des
       zentralen SPD-Projekts der Grundrente davon abhängig gemacht, dass für
       deren Finanzierung die Finanzsteuer auf europäischer Ebene realisiert wird.
       
       10 Dec 2019
       
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       ## AUTOREN
       
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