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       # taz.de -- Polizeiskandal in Cottbus: Und wieder ein Einzelfall
       
       > Vor ihrem Einsatz in der Lausitz: Brandenburger Polizisten solidarisieren
       > sich mit rechtsextremen Gegnern der Anti-Kohle-Proteste.
       
   IMG Bild: Aktivist:innen blicken über die Abbruchkante: Aktionstage in der Lausitz im Mai 2016
       
       Neun Polizisten in schwarzer Einsatzkleidung [1][posieren in halber Hocke
       vor einer langen Wand einer Gärtnerei in Cottbus.] Auf ihr ein Graffiti:
       „Stoppt Ende Gelände! 29.11.-01.12.2019“. Links daneben ein Krebs – der
       Krebs, der auch als das Markenzeichen der rechtsextremen „Defend Cottbus“
       gilt. Die abgebildeten Polizisten sollten am Wochenende eigentlich an dem
       Großeinsatz zu den Demonstrationen von Ende Gelände in der Lausitz
       teilnehmen.
       
       Seit Donnerstag kursiert besagtes Foto im Netz. Am Freitagmorgen zieht die
       Polizei Brandenburg erste Konsequenzen. Die abgebildeten Polizisten wurden
       wegen „Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot“ vom Einsatz am Wochenende
       ausgeschlossen. Das Graffiti wurde inzwischen entfernt.
       
       Eine Suspendierung der Beamten ist bisher nicht in Sicht. Dafür ermittelt
       die interne Revision zur Motivation der Poser. Auch die Einstellung zu dem
       Krebs-Symbol wird hinterfragt werden, schließlich sei man auf diesem Auge
       nicht blind, sagte ein Sprecher der Polizei Brandenburg der taz. Doch ist
       der Blick auch geweitet genug?
       
       Zu befürchten bleibt, dass der Fall wieder im Rahmen des
       Einzelfall-Narrativs abgehandelt wird. Sicher ist, dass die Polizei ein
       strukturelles Problem mit Rechtsextremismus in den eigenen Reihen hat. Das
       zeigen allein die Nachrichten dieser Woche deutlich:
       
       ## Eine schlechte Woche für die Polizei
       
       Dienstag: Eine „Unabhängige Kommission“ stellt in Schwerin ein Gutachten
       vor, laut dem eine Gruppe von rechtsextremem Polizisten im
       Spezialeinsatzkommando Mecklenburg-Vorpommern aktiv war. Deren
       Führungsfigur Marko G. hatte das Chat-Netzwerk „Nordkreuz“ gegründet, über
       welches mutmaßlich Waffen und Munition aus deutschen Behörden entwendet und
       zur Vorbereitung auf „Tag X“ gehortet wurden. „Nordkreuz“ ist nur ein Teil
       des bundesweiten „Hannibal“-Netzwerks, welches staatsgefährdende
       Gewalttaten, rechte Terroranschläge, vorbereitet hatte.
       
       Mittwoch: Die Herbsttagung des Bundeskriminalamtes (BKA) setzt in diesem
       Jahr ihren Schwerpunkt auf Rechtsextremismus. [2][Der BKA-Chef Holger Münch
       fordert in einer Rede: „Wir alle sind zu entschiedener Gegenwehr
       aufgerufen.“] Die Polizei müsse bei Rechtsextremen intensiver ermitteln und
       künftig mehr Strukturen aufklären, sagt Münch – und bezieht sich dabei
       explizit auf das rechte „Hannibal“-Netzwerk.
       
       Donnerstag: Der Prozess um Marko G. wird fortgeführt. Am selben Tag wird in
       Rostock ein hochrangiger Polizist festgenommen, bei dem gehortete
       Dienstwaffen gefunden wurden, darunter [3][„Sachen, die unter das
       Kriegswaffenkontrollgesetz fallen“, so die Staatsanwaltschaft Rostock.]
       
       Das „Hannibal“-Netzwerk ist nur einer der Schauplätze von rechten
       Strukturen in der Polizei. Vor diesem Hintergrund und angesichts der
       Tatsache, dass das nun diskutierte Foto in einer rechtsextremen
       Telegram-Gruppe aufgetaucht sein soll, ließen sich Ermittlungen in größeren
       Strukturen erwarten oder doch zumindest eine breitere und klarere
       Positionierung. Vergebens.
       
       ## Nichts Neues auf Facebook
       
       Die Polizei Brandenburg hat nach eigenen Angaben über den Twitter Account
       von „Ende Gelände“ von dem Bild erfahren. Auf Twitter hat sie dann auch ihr
       Statement veröffentlicht: „Wir haben unser Statement sofort auf unseren
       Kanälen verbreitet“, sagt der Pressesprecher der taz.
       
       Jene 55.000 Menschen, die die Polizei Brandenburg bei Facebook liken,
       bekommen allerdings nichts von dem Fall mit. Die Begründung: Das Statement
       werde nur dort – eben auf Twitter – verbreitet, wo die Diskussion
       stattfinde. Dass Facebook-Nutzer:innen Artikel zu dem Skandal in den
       Kommentarspalten zu anderen Posts der Brandenburger Polizei verlinken,
       scheint nicht zu interessieren.
       
       Während vor Ort nach Polizeiangaben sechs Tatverdächtige schnell gestellt
       worden seien, bleiben die internen Untersuchungen bisher an der Oberfläche.
       „Entschiedene Gegenwehr“ sieht anders aus.
       
       29 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/ende-gelaende-fragwuerdiges-polizeifoto-aus-cottbus-aufgetaucht-41007292.html
   DIR [2] /Bundeskriminalamt-tagt-in-Wiesbaden/!5641041
   DIR [3] https://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/hochrangiger-polizist-53-in-rostock-festgenommen-2837622311.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simon Schramm
   DIR Pia Stendera
       
       ## TAGS
       
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